Sozialversicherungsgipfel: Regierung traf erstmals Sozialpartner
Zum Sozialversicherungsgipfel hat gestern die Regierungsspitze geladen. Erstmals kam es damit im Bundeskanzleramt zu einem Treffen mit den Sozialpartnern. Es soll der Auftakt für weitere Meetings sein.
Von Cornelia Ritzer
Wien –Das Verhältnis zwischen dieser Bundesregierung und den Sozialpartnern ist zerrüttet. ÖVP und FPÖ machten deutlich, dass sie am Modell des Interessenausgleichs zwischen Arbeitnehmer- und Arbeitgeber-Vertretern kein Interesse haben. Ein Beispiel ist die Arbeitszeitflexibilisierung, die von den Regierungsparteien mit großem Tempo, ohne Begutachtung und ohne Einbindung der Sozialpartner im Parlament beschlossen wurde. Das Resultat ist Widerstand aus Arbeiterkammer und Gewerkschaft, der nicht verebbt. Doch es rumort nicht nur bei den roten Arbeitnehmervertretern, auch im ÖVP-Arbeitnehmerbund formiert sich Widerstand gegen den 12-Stunden-Arbeitstag. Von der Regierung kritisiert wurde zuvor schon das Arbeitsmarktservice (AMS) sowie die Allgemeine Unfallversicherungsanstalt (AUVA) – Organisationen, in denen ebenfalls die Sozialpartner die Richtung vorgeben.
Ähnlich war dann die Vorgangsweise bei der von ÖVP und FPÖ geplanten Zusammenlegung der Sozialversicherungsträger, bei der der Einfluss der Arbeitnehmervertreter zurückgedrängt wird. Terminanfragen an Regierungsmitglieder sollen schlicht nicht beantwortet worden sein, stattdessen wurde rund um die Reduzierung von derzeit 21 auf künftig fünf Träger von Regierungsseite eine Funktionärs- und Privilegiendebatte befeuert. Als „Achse der Blockierer und Systembewahrer“ bezeichnete ÖVP-Generalsekretär Karl Nehammer später jene, die sich gegen eine kurzfristig beschlossene Ausgabenbremse für die Krankenkassen starkmachten.
Nun setzt man offenbar auf Deeskalation. Gestern hat die Regierung die Sozialpartner – die Präsidenten von Arbeiterkammer und Gewerkschaft sowie von Wirtschaftskammer und Landwirtschaftskammer – zum „Gedankenaustausch“ geladen. So kündigte FPÖ-Vizekanzler Heinz-Christian Strache das erstmalige Treffen im Bundeskanzleramt an. Und mehr als ein Gedankenaustausch, an dem aufgrund des Themas auch Hauptverbandschef Alexander Biach teilgenommen hat, war das rund einstündige Meeting auch nicht. Inhaltlich gab es nichts Neues, die Stimmung hat sich zumindest kurzfristig verbessert. ÖGB-Chef Wolfgang Katzian sprach von einem „konstruktiven Gespräch“, aber: „Ob der Dialog etwas Dauerhaftes wird, kann ich nicht sagen.“ Ähnlich das Statement von Arbeiterkammer-Chefin Renate Anderl.
Das nächste Treffen soll im September stattfinden. Man werde die Überlegungen der Sozialpartner einfließen lassen, versprachen ÖVP-Kanzler Sebastian Kurz und Vizekanzler Strache. Ein Nein des Gegenübers werde die Reform jedoch nicht verhindern.