Frühkindliche Karies häufigste chronische Erkrankung bei Kindern

Wien (APA) - Die Karieshäufigkeit bei Kindern im Schulalter geht zurück, doch frühkindliche Karies nimmt zu. Knapp die Hälfte der Schulanfän...

Wien (APA) - Die Karieshäufigkeit bei Kindern im Schulalter geht zurück, doch frühkindliche Karies nimmt zu. Knapp die Hälfte der Schulanfänger in Österreich habe damit zu kämpfen, hieß es bei einem Pressegespräch anlässlich des „Monats der Mundgesundheit“ mit Fokus auf Kinderzahnpflege am Mittwoch in Wien. Damit ist frühkindliche Karies nach wie vor die häufigste chronische Erkrankung im frühen Kindesalter.

„Die Erkrankung tritt fünf Mal häufiger als Asthma und sieben Mal häufiger als Heuschnupfen auf“, erklärte Katrin Bekes, Leiterin des Fachbereichs Kinderzahnheilkunde an der Universitätszahnklinik Wien. Mit Blick auf das von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) ausgegebene Ziel, Kariesfreiheit bei 80 Prozent der Sechsjährigen bis 2020 zu erreichen, zeigte sich Bekes skeptisch: „Wir werden das Ziel nicht erreichen können. Der europaweite Schnitt für kariesfreie Sechs- bis Siebenjährige liegt bei 55 Prozent. Österreich ist weder besser noch schlechter.“

Wolfgang Kopp, Vizepräsident der Österreichischen Zahnärztekammer, betonte, dass in erster Linie Eltern gefragt wären, ihrer wichtigen Rolle in der Pflege und Gesundheitserziehung nachzukommen. Nur unterlägen viele von ihnen nach wie vor dem Irrtum, es sei einerlei, sich um das Milchgebiss ihrer Kinder zu kümmern - die Zähne würden ohnehin ausfallen und neue nachkommen. Doch so einfach ist es nicht. „Milchzähne müssen Platz für die nachfolgenden Zähne halten. Wenn sie frühzeitig verloren gehen, wandern die anderen auf und für die nachkommenden Zähne ist kein Platz mehr“, erklärte Bekes. In der Folge könne kein richtiges Kieferwachstum stattfinden. Das sei ästhetisch, aber auch phonetisch nicht gut. „Kinder können dann oft nicht richtig sprechen lernen.“

Wichtig ist es, sowohl auf eine gesunde Ernährung als auch auf ausreichende Mundhygiene zu achten. Gefahr drohe laut Bekes vor allem bei Kindern, die viele gesüßte Getränke aus der Flasche verabreicht bekommen. „Beim Nuckeln werden die Frontzähne ohne Unterbrechung mit der gesüßten Flüssigkeit umspült. Dort kommt kein Speichel heran. Die Milchzähne sind viel weicher als die bleibenden Zähne und deswegen kann Karies schneller angreifen.“ Bakterien profitieren von zuckerhaltigen Nahrungsmitteln - sie ernähren sich davon und produzieren Milchsäure, die in der Folge die Zahnhartsubstanz zerstört.

„Eine Aufklärung vieler Eltern ist dringend nötig. Viele wissen nicht, wie viel Zucker und Säure in diversen Säften aber auch Trockenobst und Honig enthalten ist“, sagte Prophylaxe-Experte Kopp. Bekes nannte als Extrembeispiel Eltern, die den Sauger der Flasche mit Honig beschmieren.

Die Zahnärztekammer fordert bereits seit längerem die Aufnahme einer zahnärztlichen Untersuchung in den Mutter-Kind-Pass, der derzeit ohnehin überarbeitet werde, merkte die Kinderzahnheilkundespezialistin Bekes an. Eine Gratisprophylaxe für Kinder ab dem zehnten Lebensjahr konnte bereits durchgesetzt werden. „Das muss in den nächsten Jahren auf Kleinkinder ausgeweitet werden“, forderte Bekes.

Prophylaxe-Experte Kopp bemerkte, dass der soziale Hintergrund und Bildungsgrad Indikatoren für den Gesundheitszustand der Zähne seien und verwies auf exzellente Zahlen hinsichtlich Zahngesundheit bei Kindern in Tirol. Dort habe man das Ziel der WHO - 80 Prozent kariesfreie Sechsjährige bis 2020 - schon vor zehn Jahren erfüllt. In Wien, einer Stadt mit weit höherem Migrationsanteil in der Bevölkerung, schaue die Lage viel schlimmer aus. Das Zahnpflegeunternehmen CP GABA GmbH nahm sich dessen an und veröffentlichte Aufklärungsbroschüren für Zahngesundheit im Kindesalter in verschiedenen Sprachen - unter anderem türkisch und arabisch. Ulrich Gröger, Leiter der Zweigniederlassung Österreich, ortete dort „besonders viel Aufklärungsbedarf“.