Brem will zurück zu alter Stärke: „Es gab keinen anderen Weg“
Nach ihrem schweren Beinbruch kämpfte Österreichs Ski-Ass Eva-Maria Brem (29) eine Saison um den Anschluss. Nun ist die Münsterin wieder angriffslustig und peilt den Gipfel an. Genauso wie beim Wanderausflug mit der TT.
Von Roman Stelzl
Alpbach – Am Wiedersberger Horn wuselt es an diesem heißen Sommertag nur so – und aus dieser Masse an Leuten sticht eine Dame mit bunten Sponsorenlogos am T-Shirt heraus. Eva-Maria Brem macht sich mit flotten Schritten hinter der topfitten Mama Maria zum Gipfel auf. „Ein herrlicher Tag zum Wandern“, schickt die 29-jährige Skirennläuferin aus Münster mit einem breiten Grinsen ins Alpbachtal hinunter.
Es sind das Lachen, diese Unbeschwertheit, die zum Markenzeichen der österreichischen Sportlerin des Jahres 2016 geworden sind. Es sind jene Eigenschaften, die mit Brem fast so stark verbunden sind wie die scheinbar immer noch nicht getrockneten Freudentränen, die im März 2016 nach dem denkbar knappen Weltcup-Gesamtsieg im Riesentorlauf auf den Schnee von St. Moritz tropften.
Das ist jetzt Schnee von gestern – und der ist wie der Erfolg vergangener Tage dahingeschmolzen. Nach dem schweren Schien- und Wadenbeinbruch im Oktober vor zwei Jahren (Pass Thurn) musste Brem wieder ganz von vorne anfangen. Die Bilder vom ersten Schneetraining nach der schweren Verletzung im Mai 2017 sahen mehr nach Anfängerskikurs und Pizzaschnitte als nach Spitzensport aus – und die Weltcup-Saison, die darauf folgte, war mit Platz 20 als bestes Resultat eine mehr als durchwachsene. Viele stellten der Team-Weltmeisterin die Frage: Frau Brem, war das schon alles?
Jetzt, hier auf 2127 Metern am Wiedersberger Horn, ist diese Welt nicht nur geografisch in die Ferne gerückt. Leuten, die sie als „Verliererin“ abstempeln, schenkt die 1,60 Meter große Blondine nur ein Schulterzucken. „Ich weiß, dass sich alle mehr erwartet haben. Es gab sogar einige, die mich allen Ernstes gefragt haben, wieso ich überhaupt noch fahre“, erzählt Brem und pausiert. „Aber ich durfte damals nicht jammern. Auch wenn ich weit weg war von meinem Anspruch – da musste ich durch. Es gab keinen anderen Weg.“
Für die dreifache Weltcupsiegerin sollte erst nach der Saison die richtige Arbeit beginnen. Statt Pause folgte intensives Skitesten – wenig später ließ sich die Zollbeamtin den etwa 30 Zentimeter langen Marknagel entfernen, der das Bein stabilisiert hatte. Heute blickt sie mit analytischem Blick zurück. „Es waren einfach zu viele Baustellen. Mein Hauptproblem war der Materialwechsel“, sagt Brem bei einem Cappuccino auf der Alm. Nach dem Umstieg auf Fischer-Ski im Frühjahr 2017 habe es lange gedauert, um volles Vertrauen aufzubauen. Zudem machte das Bein Probleme („Der Marknagel war immer spürbar“). Und auch der Kopf spielte nicht mit: „Wenn du am Start stehst und weißt, dass es nicht für vorne reicht, ist das ganz bitter.“
Nun sollen diese Baustellen weg sein. Material, das Training mit dem weiter eigens abgestellten ÖSV-Coach Klaus Mayrhofer und die Form – das alles stimmt Brem positiv. „Momentan bin ich mehr als zufrieden. Es fühlt sich so an, wie ich es gewohnt bin. Das Gefühl ist so wie vorher.“
Und deshalb ist nicht nur beim Wandern im Alpbachtal, sondern auch im Skisport der Gipfel das höchste der Gefühle: „Mein Ziel ist es, Rennen zu gewinnen. Ich möchte ganz oben stehen“, sagt Brem, „Und ich weiß, dass ich das jetzt wieder draufhabe.“