Berliner Imamin: Wer EU-Werte ablehnt kann gerne in Iran ziehen

Berlin/Wien (APA) - „Wer in Europa leben möchte, sollte sich mit dem Friedensprojekt identifizieren. Wer das nicht möchte, kann gerne in die...

Berlin/Wien (APA) - „Wer in Europa leben möchte, sollte sich mit dem Friedensprojekt identifizieren. Wer das nicht möchte, kann gerne in die Türkei oder in den Iran ziehen.“ Das sagte die Berliner Imamin Seyran Ates, die in ihrer Moschee einen liberalen Euro-Islam predigt und unter Polizeischutz gegen den religiösen Extremismus kämpft, in einem Interview mit dem „Neuen Volksblatt“ (Freitagsausgabe).

Ates warf der Politik vor, sie mache es sich sehr bequem und übernehme das Narrativ der Fundamentalisten, „wonach die Mehrheit der Muslime das so will und die Zahl der liberalen Muslime vernachlässigbar gering sei“. Es sei „erschreckend, dass gerade aus dem linken Spektrum eine unglaubliche Nähe zu Islamisten wie Milli Görüs zu verzeichnen“ sei.

„Dass die SPÖ mit denen kooperiert, ist irritierend aus einem sozialdemokratischen Denken heraus. Denn die, die mit extremen religiösen Einstellungen Freiheit für sich in Anspruch nehmen, sind nicht diejenigen, die das Gleiche für Andersdenkende akzeptieren“, so die türkisch-kurdisch-stämmige Rechtsanwältin und Frauenrechtlerin.

Es gebe eine „Riesenangst“ davor, als rassistisch oder ausländerfeindlich dargestellt zu werden, wenn man den radikalen Islam kritisiere, meinte Ates: „Der Begriff Islamophobie ist extra dafür kreiert worden. In die rechte Ecke gestellt zu werden ist aufgrund der Geschichte eine große Angst in Österreich und Deutschland. Diese Panik führt dazu, dass Grüne, Sozialdemokraten und Liberale sich mehr mit dem Kopftuch-Islam identifizieren als mit den iranischen Frauen, die gegen diese Zwangsverhüllung kämpfen.“

Ein Kopftuchverbot an Schulen hält Ates für sinnvoll. „Ich bin in Istanbul geboren und kenne noch die Türkei als laizistischen Staat, wo die Menschen froh darüber waren, dass das Kopftuch aus den öffentlichen Einrichtungen verbannt wurde.“

Republiksgründer Mustafa Kemal Atatürk habe nicht alles richtig gemacht, „aber es war richtig, dass man die Frauen von der Verschleierung befreit und Bildung für Mädchen eine große Rolle gespielt hat. Die Türkei habe sich in den letzten 60, 70 Jahren in die richtige Richtung entwickelt, diese Entwicklung habe der jetzige Präsident Recep Tayyip Erdogan gestoppt, resümierte Ates.

Ates plant übrigens die Gründung einer liberalen Moschee in Wien. Sie wird am Montag zum Forum Alpbach und am 3. September nach Linz kommen.