Vom Stotterer zum Schnellsprecher: Trauer um Dieter Thomas Heck

Berlin/Wien (APA/AFP/dpa) - Als Schnellsprecher ist er zu einer Legende des deutschen Fernsehens geworden: 15 Sekunden, mehr hatte Dieter Th...

Berlin/Wien (APA/AFP/dpa) - Als Schnellsprecher ist er zu einer Legende des deutschen Fernsehens geworden: 15 Sekunden, mehr hatte Dieter Thomas Heck nie, um am Ende der ZDF-“Hitparade“ vom Regisseur über den Maskenbildner bis zu den Kameraleuten im Abspann alle Mitwirkenden seiner Show zu nennen und sich dann auch noch entspannt mit einem „Auf Wiedersehen“ zu verabschieden.

Bis zu 27 Millionen Menschen sahen Heck allein in Deutschland regelmäßig zu und liebten ihn für sein rasendes Sprechtempo - dabei hatte er das flüssige Sprechen mühsam erlernen müssen. Am Donnerstag starb der Fernsehmoderator im Alter von 80 Jahren, wie der ihn vertretende Berliner Medienanwalt Christian Schertz am Freitagabend mitteilte.

Heck war als Kind Stotterer. Carl Dieter Heckscher, so sein wirklicher Name, kam am 29. Dezember 1937 in Flensburg zur Welt und wuchs in Hamburg auf. Im Zweiten Weltkrieg erlebte er als Kind die Bombardierungen der Hansestadt und wurde dabei traumatisiert. „Ich war fünf, als ich im Keller verschüttet wurde, hatte einen Schock“, erinnerte sich Heck in einem Interview. Fortan stotterte er.

Von der Sprachstörung befreite er sich durch lautes Vorlesen der Tageszeitung und - nachdem sein Vater ein Tonband gekauft hatte - durch eigene Aufnahmen. „Dies ist die Sendung aus dem Bett...“, fing der junge Heckscher an. Wäre alles den üblichen Gang der Männer seiner Generation gegangen, wäre aus dem Sprecher der Sendung aus dem Bett wohl nie der Moderator von „Hitparade“ oder „Melodien für Millionen“ geworden.

Carl Dieter Heckscher arbeitete nach einer kaufmännischen Lehre vier Jahre lang als Autoverkäufer. Allerdings hatte ihn schon damals der Rundfunk interessiert, und er profitierte davon, dass die Sender neue Stimmen und Gesichter suchten. So landete der junge Mann beim SWF, wurde als Sänger in einer Sendung von Peter Frankenfeld entdeckt und bekam 1964 einen DJ-Job bei Radio Luxemburg.

Seine Hörer gaben ihm auch den zweiten Vornamen. Weil schon ein Dieter im Moderatorenteam war, durften die jugendlichen „Bravo“-Leser abstimmen. Sie machten aus ihm Dieter Thomas Heck. Dieser stieg bald zu einem der wichtigsten Musikansager in Deutschland auf. 1969 ging es dann ins Fernsehen - das ZDF startete die „Hitparade“. Bis 1984 moderierte Heck sie 184 Mal. Er hatte alle wichtigen deutschen Sänger und Gruppen zu Gast, angefangen von der großen Schlagergeneration um Roy Black bis zu den Stars der Neuen Deutschen Welle wie Nena.

Heck moderierte immer flott. „Das musste Tempo haben“, war das Credo Hecks, der nach seinem Rückzug als Moderator vor gut zehn Jahren zunächst noch vereinzelt als Schauspieler auftrat. In seinen letzten Lebensjahren war er aber kaum noch in der Öffentlichkeit zu sehen. Auftritte wie bei der Verleihung der „Goldenen Kamera“ im Februar 2017 für sein Lebenswerk hatten Seltenheitswert.

Heck genoss das Leben rund um die „Hitparade“. „Langweilig war es nie“, berichtete er einmal über den Backstagebereich. Seine Maskenbildnerin stand mit Zigarette und Bierglas hinter der Bühne - Heck ging auf der einen Seite raus, rauchte und trank und trat auf der anderen Seite wieder vor sein Publikum. „Das war schon heavy.“

Dabei wusste Heck um den Schrecken des Alkoholismus. Seine erste Frau war Alkoholikerin, es kam zu dramatischen Szenen auch vor ihren beiden Söhnen. Skandalfrei blieb dagegen die zweite Ehe mit seiner Frau Ragnhild, mit der Heck seit 1976 verheiratet war und mit der er eine Tochter hat.

Groß fällt nun die Trauer um den TV-Liebling aus. ZDF-Intendant Thomas Bellut würdigte ihn mit den Worten: „Wir verdanken ihm viel.“ Dieter Thomas Heck sei „viele Jahre das Gesicht der ZDF-Unterhaltung“ gewesen. „Wieder eine Legende weniger“, schrieb der Komiker Oliver Kalkofe am Freitagabend auf Twitter - er sei „sehr, sehr traurig“.

Schauspielerin Veronica Ferres erinnerte sich: „Als Kind hab ich mit meinen Eltern „Melodien für Millionen“ geschaut, mit meinen Brüdern die Hitparade. Später war ich zu Gast in seiner Show. Wir werden ihn nie mehr hören - in unseren Herzen bleibt er! Gute Reise, Dieter....“

Schlagersänger Patrick Lindner betonte: „Du warst für mich eine Fernsehikone als Kind, später ein Freund, auf den man immer aufgeschaut hat.“ Sat.1-Fernseh-Richter Alexander Hold schrieb: „Deine Sendungen haben meine Jugend begleitet, meine Dein Alter. (...) Nun sind die Scheinwerfer über Dir ausgegangen.“