Salzburger Festspiele: Trauern mit Wagner und Igor Levit
Salzburg (APA) - Wagner als Schöpfer und Inspiration, gegenübergestellt in einem Konzert. Die Wiener Philharmoniker zeigten dies am Sonntagv...
Salzburg (APA) - Wagner als Schöpfer und Inspiration, gegenübergestellt in einem Konzert. Die Wiener Philharmoniker zeigten dies am Sonntagvormittag in einer Matinee. Für Igor Levit wurde es mit Hans Werner Henzes „Tristan“ nach einem Jahr intensiver Arbeit (wie er selbst via Twitter verkündete) ernst. Für Franz Welser-Möst und die Wiener stand ein Sprung zwischen den Zeiten an.
Ganz ohne Weiteres wollte Welser-Möst Henzes Auseinandersetzung mit dem Tristan-Stoff nicht auf das Publikum loslassen. Als er noch vor dem Orchester auf die Bühne trat, hielt das Publikum schon den Atem an, doch Entwarnung, der Dirigent gab nur eine kurze Werkseinführung. Schwere persönliche Verluste zeichneten dieses Stück. Während der Entstehung verlor Henze Ingeborg Bachmann, platonische Liebe und Muse, das Klavier stelle daher immer eine Art intimer Aufbereitung dar. „Sie hören Tänze, Märsche, Klagen und Zitate von Brahms und aus dem Tristan. Die Wiener Philharmoniker und Igor Levit werden ihre Tourguides durch dieses unglaubliche Stück sein“, versprach Welser-Möst.
Anfangs als Klavierstück angelegt, wuchs es 1973, Bachmanns Todesjahr, zum Großwerk mit Orchester an. Auch Aufnahmen von Tonbändern wurden integriert. So klingt Wagner im 20. Jahrhundert und so klingt Wagner als Trauerhelfer für Hans Werner Henze. Ob durch die eingängliche Sensibilisierung, oder die grundsätzlich mitschwingende Mystik bei Wagner, eine gewisse Beklemmung schwang ab den ersten Takten mit. Fragmentarisch reichten sich Streicher, Holzbläser und Igor Levit den Tirstanakkord weiter. Während aller sechs Sätze war er anwesend, nicht präsent, aber doch wie ein Geist wandelten die Zitate durch die Klangräume.
Igor Levit ging mit der Intimität des Klaviers nicht immer sanft um. Wie der Mensch verschiedene Stadien der Trauer durchlebt, so ließ er Henzes Komposition durch die unterschiedlichsten Stadien laufen. Laute, wütende und trotzige Dynamik schlug innerhalb weniger Sekunden zu leichten, zurückhaltenden Anschlägen um. Damit verlieh Levit dem Werk eine gesunde Portion Menschlichkeit. Über all dem ruhend Welser-Möst, der mit den Wienern vor allem im Forte die Wagner‘sche Klangästhetik zeigte, die er nach der Pause in voller Breite ausrollte. Nach einer knappen halben Stunde war die Tour beendet und die Reiseleiter Welser-Möst und Levit bekamen großen Applaus.
Eine direkte Gegenüberstellung mit Wagners „Tristan“ wurde dem Publikum erspart. Stattdessen folgten Auszüge aus der „Götterdämmerung“. Ein Werk, das ebenfalls reich an Zitaten ist, nur eben mit Wagners eigenen, besser bekannt als Leitmotive. Diese ließ Welser-Möst herrschaftlich wie die Sonne emporsteigen. „Das Rheingold“, „die Walküre“, der gesamte „Ring“ zogen anmutig durchs Festspielhaus. Großer Jubel und stehende Ovationen gab es dafür zum krönenden Abschluss der Konzertreihe der Wiener Philharmoniker.
(S E R V I C E - www.salzburgerfestspiele.at)