D: Große Koalition sucht Durchbruch bei Rente und Arbeit
Berlin (APA/Reuters) - Die Spitzen der deutschen Bundesregierung beraten am Samstagabend die weitere Arbeit in der Großen Koalition und woll...
Berlin (APA/Reuters) - Die Spitzen der deutschen Bundesregierung beraten am Samstagabend die weitere Arbeit in der Großen Koalition und wollen vor allem einen Durchbruch in der Debatte um Rente und Arbeitslosen-Versicherung erreichen. „Ich glaube, wir werden wesentliche Schritte vorankommen“, sagte CSU-Chef Horst Seehofer am Samstag beim „Tag der Offenen Tür“ der Regierung in Berlin.
An dem Treffen im Kanzleramt nehmen CDU-Chefin und Kanzlerin Angela Merkel, Innenminister Seehofer und Vizekanzler Olaf Scholz (SPD) teil. Erreicht werden soll etwa die Stabilisierung der Renten bis zum Jahr 2025, was Teil des Koalitionsvertrages ist. Die SPD hat jedoch bereits eine Rentengarantie bis 2040 verlangt, was besonders in der CDU auf Kritik stößt.
Das Treffen war nach Angaben aus Koalitionskreisen seit langem verabredet, um nach dem Ende der parlamentarischen Sommerpause die Arbeit der großen Koalition im Herbst zu besprechen. In den vergangenen Wochen war zudem immer deutlicher geworden, dass die drei Regierungsparteien verschiedene Gesetzesvorhaben zu Paketen zusammenschnüren wollen. SPD-Chefin Andrea Nahles nimmt an dem Treffen nicht teil, weil es sich nicht um einen Koalitionsausschuss handelt.
Laut dem Gesetzentwurf von Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) soll die Mütterrente auf vor 1992 geborene Kinder ausgeweitet werden. Zudem soll die Rente bis 2025 auf einem Niveau von mindestens 48 Prozent des Durchschnittslohns gewährleistet werden. Der Beitragssatz soll zudem nicht über 20 Prozent des Bruttolohns steigen. Zudem werden dem Entwurf zufolge Geringverdiener bei den Sozialabgaben ohne Einbußen beim Rentenanspruch entlastet.
Dies ist eigentlich unstrittig. Der Gesetzentwurf ist jedoch noch nicht vom Kabinett beschlossen worden. Heil macht dafür Widerstand in der Union verantwortlich. Dort wird unter anderem darauf gedrängt, den Beitrag zur Arbeitslosenversicherung deutlicher als geplant zu reduzieren. Vorgesehen ist bisher, den Versicherungsbeitrag angesichts der niedrigen Arbeitslosigkeit und entsprechender Einnahmen um 0,3 Prozent-Punkte zu kürzen. CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt verlangte in der „Bild“-Zeitung mindestens 0,5 Prozentpunkte weniger als der derzeitige Satz von 3,0 Prozent des Bruttolohns, den sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer teilen. Dobrindt sprach sich zudem angesichts der Rekord-Einnahmen des Staates für eine komplette Abschaffung des Solidaritätszuschlags aus. Dieser soll laut Koalitionsvertrag auch noch nach 2021 auf die höchsten zehn Prozent der Einkommen erhoben werden.
Die SPD hingegen will zusätzlichen Spielraum aufgrund höhere Einnahmen eher für den Ausbau des Sozialstaats und längere Rentengarantien einsetzen. Parteichefin Andrea Nahles stellte sich hinter Überlegungen von Finanzminister Scholz, die Rentengarantie bis 2040 auszuweiten. Dass das erhebliche Anstrengungen im Haushalt bedürfe, sei klar, sagte sie im „Deutschlandfunk“. Es gehe hier aber um ein zentrales Versprechen des Sozialstaates. Dies dürfe auch nicht durch ein späteres Renten-Alter relativiert werden. „Eine Sicherheitsgarantie also ist nur viel wert, wenn wir gleichzeitig nicht ein pauschale Erhöhung des Renteneinrittsalters machen.“
Schätzungen gehen bei einer solchen Rentengarantie von Kosten von bis zu 100 Milliarden Euro aus. Der SPD-Haushaltsexperte Johannes Kahrs brachte dafür eine Vermögenssteuer und eine Finanztransaktionssteuer bei Börsengeschäften ins Gespräch. Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt warf der SPD vor, Politik nur für ihre Klientel zu betreiben. Kommende Generationen müssten die Versprechen der SPD an die jetzige Arbeitnehmergeneration bezahlen.