Dürre - Suche nach resistenten Pflanzen nimmt Fahrt auf
Berlin (APA/Reuters) - In einem Feld bei Braunschweig experimentiert das Thünen-Institut mit Alternativen zum Mais unter den Bedingungen des...
Berlin (APA/Reuters) - In einem Feld bei Braunschweig experimentiert das Thünen-Institut mit Alternativen zum Mais unter den Bedingungen des Klimawandels. Verglichen wird das Wachstum der Hirse-Gattung Sorghum mit Mais, der wichtigsten Energiepflanze in Deutschland.
Die Pflanzen werden mit Kohlendioxid begast, um eine höhere Konzentration des Treibhausgases zu simulieren. Außerdem wird Regen mit einer Plane abgehalten, um Dürre-Bedingungen herzustellen. Das Ergebnis: Der Mais schlägt sich zwar besser als die Hirse. Die Hirse wurzelt aber tiefer und kommt deswegen an Wasservorräte heran, die der Mais nicht erreicht. Durch züchterische Anpassungen könnte bei mangelnder Wasserversorgung das Wachstumspotenzial der Hirse über dem von Mais liegen, bilanziert Thünen-Experte Remy Manderscheid.
„Die Anpassungsprozesse laufen schon seit Jahren“, sagt der Generalsekretär des Deutschen Bauernverbandes (DBV), Bernhard Krüsken. Dabei gehe es etwa um die deutliche Zunahme der Frühsommertrockenheit. Antworten auf Wetterextreme sucht auch der Saatguthersteller KWS. „Derzeit arbeiten wir an der Entwicklung eines Maises mit besserer Trockentoleranz“, sagt KWS-Forschungschef Jürgen Schweden. Ziel seien ertragssichere Produkte. Dabei spiele die Widerstandsfähigkeit gegen den Klimawandel eine immer größere Rolle. Schnelle Erfolge gibt es allerdings nicht: „Ein Züchtungszyklus dauert bis zu zehn Jahre bis zum fertigen Produkt.“
Aus Sicht des DBV ist allerdings Eile geboten, weil der Klimawandel rasch fortschreite. Es sei nötig, schneller als mit konventioneller Züchtung zu neuen Pflanzen zu kommen, sagt Krüsken. Deswegen sei auch der Rückschlag für neue Züchtungsmethoden bedauerlich.
Das oberste europäische Gericht hatte im Juli die sogenannte Genscheren-Technologie mit gentechnisch veränderten Organismen (GVO) gleichgesetzt. Mit der neuen Technik lassen sich relativ einfach und schnell neue Pflanzen mit bestimmten Eigenschaften herstellen. Mit der Einstufung als GVO unterliegen sie aber massiven Restriktionen. Befürworter der neuen Technik verstehen das nicht, denn die damit erzeugten Mutationen sind im Gegensatz zu GVO von in der Natur entstandenen Varianten nicht zu unterscheiden.
Wie aufwendig konventionelle Züchtungen sein können, zeigen Forschungen am Julius-Kühn-Institut. Dabei ging es darum, Wintergerste resistent gegen das Virus BYDV zu machen. Dieses wird von Blattläusen übertragen, die wegen der milden Winter viel länger als früher den Pflanzen zusetzen. In einer Gersten-Wildart konnten die Forscher das Gen „Ryd4Hb“ feststellen, das die Pflanze widerstandsfähig gegen BYDV macht. Bei den ersten Kreuzungen der wilden Gerste mit der Nutzgerste trat das Gen „Ryd4Hb“ jedoch nur in Verbindung mit weiteren Erbinformationen auf, die das Wachstum hemmen. Erst nach rund 20.000 Kreuzungen konnte „Ryd4Hb“ von dem Wachstums-Stopper getrennt werden und die wertvolle Resistenz züchterisch nutzbar gemacht werden.
Dürre, Starkregen, Hagel oder andere Wetterextreme werden aller Voraussicht nach noch zunehmen. Renommierte Klimaforscher wie Hans Joachim Schellnhuber gehen längst davon aus, dass das international vereinbarte Ziel, die Zunahme der Erderwärmung bis 2020 auf zwei Grad im Vergleich zum vorindustriellem Zeitalter zu begrenzen, nicht mehr zu halten ist. Für Bauern bedeutet das, viel öfter mit Extremwetter rechnen zu müssen.
Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) warnt davor, im Kampf gegen den Klimawandel allein auf Resistenzen zu vertrauen. Besser sei es, auf Diversifizierung zu setzen, sagt BUND-Expertin Silvia Bender. Mehrere verschiedene Fruchtsorten verminderten auch das Risiko von Totalausfällen. Sie fordert, die EU-Agrarpolitik stärker auf den Klimaschutz auszurichten.