Internationale Pressestimmen zum Tod von John McCain
Washington (APA/dpa) - Die Zeitungen schreiben am Montag zum Tod von John McCain:...
Washington (APA/dpa) - Die Zeitungen schreiben am Montag zum Tod von John McCain:
„Times“ (London):
„John McCain hat die Welt an den Wert moralischer Entrüstung erinnert. Als die Gründerväter die Verfassung der USA entwarfen, setzten sie darauf, dass der Senat als Gegengewicht zum Weißen Haus wirken würde. Um diese Rolle spielen zu können, müssen die Senatoren offen ihre Meinung aussprechen und allein nach ihrem Gewissen abstimmen. Wie man das macht, hat John McCain vorgeführt, der nun im Alter von 81 Jahren gestorben ist. Mit seinem Mut als Kriegsgefangener ragte er schon in jungen Jahren heraus. Aber sein Mut als offener und ehrlicher Charakter und als Querdenker in einem von Käuflichkeit geplagten Kongress ist sein bleibendes Vermächtnis.“
„La Repubblica“ (Rom):
„Mit dem Tod des republikanischen Senators John McCain ist nicht nur ein Mann, sondern eine politische Epoche gestorben, und nicht nur eine amerikanische. McCain war der einzige verbliebene Löwe einer Welt vor Twitter, vor Facebook, vor dem Populismus (...).
John McCain war kein Heiliger, kein perfekter Mensch (...). Aber er war der letzte Senator der Republikaner, der noch an die Verfassung glaubte, immer einsamer gegenüber einem antiamerikanischen Präsidenten, der glaubt, er selbst sei diese Verfassung.“
„Dernières Nouvelles d‘Alsace“(Straßburg): „Mit John McCain ist eine gewisse Idee des Muts und davon, was Freiheit in der Politik sein kann, gestorben. Auch wenn es nicht immer leicht fiel, ihm zu folgen, war der republikanische Senator gewiss ein freier Mann. Er verließ sich lieber auf seinen Instinkt als auf die Parteidisziplin. Er beanspruchte sein Recht auf Inkohärenz, vorausgesetzt er war mit sich selbst im Reinen. John McCain war ein amerikanischer Held
„De Telegraaf“ (Amsterdam):
„McCains Standhaftigkeit hat ihn berühmt und beliebt gemacht, obwohl er sicherlich kein Heiliger war. Auch politisch lag er nicht immer richtig. Aber er war ein wahrer Vertreter des Volkes. Jemand, der in einer Welt, die oft von Eigennutz und Machtspielen bestimmt wird, sich selbst treu blieb und dienen konnte. Diese Authentizität macht ihn, auch nach seinem Tod, zu einem Vorbild für alle Politiker. Die Welt braucht mehr McCains.“
„Tages-Anzeiger“ (Zürich):
„Der republikanische Senator war der letzte amerikanische Politiker von Rang, der noch an diese alte westliche Weltordnung geglaubt und sich gegen ihren Niedergang gestemmt hatte. In dieser Welt war Amerika die Führungsmacht, sie garantierte den Erhalt der Ordnung, zuweilen mit Gewalt. Aber Amerika war auch die unverzichtbare Schutzmacht jener Werte und Ideale, auf denen diese Ordnung ruhte: Freiheit, Demokratie, Menschenwürde, Rechtsstaatlichkeit.
Aber Werte und Ideale brauchen Wächter und Verteidiger, selbst wenn sie manchmal missachtet werden. Wie die Welt aussieht, wenn Amerika zum Krämer wird, den nur noch der eigene Kassenzettel interessiert, kann man ja gerade erleben. Für Präsident Donald Trump sind Demokratie und Freiheit nur Geschwätz, Hauptsache, die Handelsbilanz stimmt. Für McCain war das ein Verrat an Amerikas historischer Mission, und das hat er laut gesagt - oft als Einziger. Nun, da er tot ist, gibt es niemanden, der ihn als Wächter ersetzt.“
„Dennik N“ (Bratislava):
„Senator John McCain stellte einen immer seltener werdenden Politikertyp dar. Zu einer Zeit, da unter den Republikanern die alternative Rechte erstarkt, im Lager der Demokraten sozialistische Ideen auf Kosten zentristischer an Raum gewinnen, Donald Trump Präsident wurde und im Kongress immer seltener über Parteigrenzen hinweg abgestimmt wird, da gehörte er zu den Politikern, die sich nicht fürchteten, der eigenen Partei ebenso wie dem Präsidenten zu widersprechen und stattdessen Kompromisse mit der anderen Seite zu suchen, die wussten, dass über den Parteiinteressen und auch über den engsten amerikanischen Interessen noch etwas Wichtigeres existiert.“
„Pravda“ (Bratislava):
„Dass McCains physischer Tod ein wenig wie der symbolische Tod des ‚ehrenhaften‘ amerikanischen Republikanismus wahrgenommen wird, liegt vor allem daran, was aus dieser Partei geworden ist. Vieles von dem, was in den Gedenkreden über McCain als ungewöhnlich oder gar paradox dargestellt wird, gälte unter anderen Umständen einfach als Korrektheit. (...)
McCain stand loyaler zu seiner Überzeugung als zur politischen Macht. Aufgrund einer solchen Selbstverständlichkeit sollte man unter normalen Umständen keinen Politiker als ‚umstritten‘ wahrnehmen. Wenn nun aber seine schärfsten politischen Gegner gerade das hervorheben, geschieht das vor allem darum, weil es in solchem Kontrast zum armseligen Anblick steht, den die gegenwärtige republikanische Mehrheit bietet.“