Salzburger Festspiele - Petrenko gibt Zuckerbrot und Peitsche
Salzburg (APA) - Nach dem London Symphony Orchestra brachten die Berliner Philharmoniker als zweites Orchester am Sonntagabend einen neuen C...
Salzburg (APA) - Nach dem London Symphony Orchestra brachten die Berliner Philharmoniker als zweites Orchester am Sonntagabend einen neuen Chefdirigenten mit ins Große Festspielhaus. Die Saison hatte Kirill Petrenko mit seinem neuen Orchester bereits am Freitag mit dem selben Programm in Berlin eröffnet und feierte damit nun auch in Salzburg Einstand.
Mit Richard Strauss‘ „Don Juan“ und „Tod und Verklärung“ sowie Beethovens Siebter blieben zumindest die Berliner Philharmoniker bei ihrem Kerngeschäft. Doch wie würde das mit Kirill Petrenko klingen? Die Antwort fiel erst einmal hart wie sein Dirigat aus. Nach einem fulminanten Einstieg wirkte die ritterliche Tondichtung weniger erzählend, dafür eher abarbeitend. Freilich, in der Hinsicht leistete Petrenko saubere Arbeit, alles war hörbar, doch das teilweise lieblos. Die ruhig fließende „Liebesszene“ fiel so kühl aus, wie das Wetter in Salzburg es seit Freitag vormachte. Mit ähnlicher Haltung ging es auch in „Tod und Verklärung“ weiter. Mit klaren Kanten und fester Gestik trieb der Dirigent die Werke wie Don Juan sein Pferd vor sich her. Zuwendung erfuhr die zugrunde liegende Geschichte hauptsächlich von der filigranen und durchdachten Melodieführung der Holzbläser, allen voran Solo-Oboist Albrecht Mayer und Solo-Klarinettist Wenzel Fuchs.
Voller Spannung erwartete man nach der Pause Beethovens Siebte, denn damit unterzogen sich Kirill Petrenko und die Berliner unfreiwillig einem Vergleich. Nur vier Tage zuvor hatte Teodor Currentzis den Beethoven-Zyklus mit genau dieser Symphonie beendet. Er hatte Beethoven flott gemacht und aufgewühlt, wie auch das Publikum, dem die Interpretation von musicAeterna durchaus noch im Ohr hängen dürfte. Während Currentzis den rebellischen Teenager gab, ließ sich Kririll Petrenko mit den Berlinern eher mit einem vernünftigen Erwachsenen vergleichen. Der war keineswegs langweilig, sondern stand mit beiden Beinen im Leben und hatte großen Spaß am maßvollen Genuss.
Bei Beethoven legte Petrenko plötzlich das Oberlehrergehabe ab und ließ seinem Orchester großen Auslauf. Trotz reduzierter Besetzung im Gegensatz zu Strauss, drangen die Berliner mit pulsierender Kraft bis in die letzten Ecken des Großen Festspielhauses vor. Strukturelle Tempowechsel machen die Siebte aus und während dieser abwechslungsreichen Fahrt konnte sich Petrenko endlich zurücklehnen und auch selbst genießen, ohne das Lenkrad aus der Hand zu geben. Vor allem im finalen „Allegro con brio“ ließ der Dirigent sein Orchester groß aufmachen und die letzten Reserven wie ein Feuerwerk explodieren. Das Publikum war davon hin und weg. Unter großem Jubel stand das Große Festspielhaus in kürzester Zeit und beglückwünschte Petrenko und die Berliner. So klingt der Beginn einer wunderbaren Freundschaft.
( S E R V I C E - Ein weiteres Konzert am 27. August im Großen Festspielhaus. www.salzburgerfestspiel.at )