Vom Plausch mit Ullrich auf ein schönes „Platzerl“
Nach 24 Jahren gab Ernst Lorenzi (68) die Rolle des Organisationschefs beim Ötztaler Radmarathon ab. Langweilig wird ihm aber dennoch nicht.
Erstmals seit 1994 stecken Sie dieser Tage nicht in den letzten Vorbereitungen für den Ötztaler Radmarathon am kommenden Sonntag. Wie füllen Sie diese freie Zeit nun aus?
Ernst Lorenzi: Langweilig wird mir sicher nicht (lacht). Der „Friedl mit der leeren Tasche" (Theaterstück, Anm.), den ich organisiere, steht an. Dann kommt der Ski-Weltcup Ende Oktober, dann „Hannibal". Zwischendurch schreibe ich noch das Ötztaler-Radmarathon-Buch und arbeite an einem Spezial-Kalender mit Motorblock für die Autofirma Morgan. Ich weiß gar nicht, wie ich das in den letzten Jahren alles geschafft habe. Ich habe jedenfalls keine Zeit für nix.
Wie werden Sie den heurigen „Ötztaler" mitverfolgen?
Lorenzi: Ich habe nur noch einen Job und nicht mehrere. Ich werde fotografieren, allerdings nicht wie bisher 200 Fotos machen, sondern nur noch 20. Dafür habe ich mir eigens spezielle, ausgewählte Plätze ausgesucht — beim Start etwa, dann in Umhausen, etwas oberhalb von Innsbruck, im Passeier und am Timmelsjoch. Ein paar schöne Platzerln eben.
Ihre Nachfolge wird nun auf mehrere Schultern verteilt ...
Lorenzi: Bei der Nachbesprechung von 2016 habe ich gesagt, ich verabschiede mich mit dem Rennen von 2017. So konnten wir den Übergang für Dominic Kuen, Heike Klotz und Charly Riml reibungslos gestalten. Der Radmarathon wird sich auch optisch komplett verändern. Man darf also gespannt sein.
Haben Sie einen speziellen Tipp für Ihre Nachfolger?
Lorenzi: Alles Schritt für Schritt machen und nicht zwei Sachen auf einmal verändern — das erscheint mir als wichtiger Punkt. Für die meisten Sachen braucht es Zeit. Zudem muss man schauen, dass das Team gut funktioniert. Insgesamt sind ja rund 1000 Leute an der Veranstaltung beteiligt. Aber es braucht auch einen, der schlussendlich anschafft. Demokratie ist gut, aber zu viel macht es manchmal schwer und kann oft hinderlich sein. Ansonsten sollte man trotz Hektik Freunde bleiben.
Keine leichte Aufgabe, wenn es rundgeht ...
Lorenzi: Ja, das ist so wie in jeder Firma. Fehler passieren, das ist normal. In der Hektik jemandem Vorwürfe zu machen, bringt nichts, am besten, man schreibt es sich auf und bespricht es später, macht eine Analyse, wie der Niki Lauda es nach den Formel-1-Rennen macht.
Der Ötztaler ist im Laufe der Jahre von 300 auf 4000 Starter angewachsen. Wie haben sich Ihre Aufgaben dahingehend verändert?
Lorenzi: Am Anfang stand sicher Überzeugungsarbeit. Es galt, die Unterstützung der Einheimischen, Vermieter, Hoteliers, der Mitglieder des Tourimusverbandes zu bekommen, um an einem Strang zu ziehen. Dann ging es darum, mit Behörden Straßensprerren zu klären. Das war der wichtigste Sprung — trotz aller Anstrengungen einen Wohlfühlcharakter zu schaffen. Vermutlich wäre ohne dies der „Ötztaler" kein Erfolg geworden. Ein weiterer Schritt war, aus der Tortur Rennen ein schönes Erlebnis zu machen, die Fahrer zu unterstützen — Verpflegung, Sicherheit, Erinnerungstrikot. Zuletzt stand mediale Arbeit im Vordergrund. TV-Produktionen, Rahmenprogramm. Wie gesagt, alles Schritt für Schritt, sonst wäre es wohl in die Hose gegangen.
Bleibt nicht doch auch mehr Zeit jetzt?
Lorenzi: Also meine Frau Bernadette ist teuflisch froh, dass ich aufgehört habe. Ich war echt unausstehlich in den stressigen Phasen. Und meine vier Enkelkinder freuen sich, dass ich mit ihnen Rad fahre.
Ist nicht ein bisschen Wehmut dabei?
Lorenzi: Nein, eigentlich nicht. Ich habe keine Zeit, um nachzudenken. Ich bin gerade auf dem Weg zum Flughafen und unterwegs zu Jan Ullrich (Ex-Radstar, Anm.).
Ullrich machte zuletzt Schlagzeilen — Sie stehen mit ihm in Kontakt?
Lorenzi: Ja, immer wieder. Er war ja auch dreimal bei unserem Rennen dabei. Jetzt fliege ich mit einem Ötztaler-Trikot mit dem Aufdruck „Kraftspender" zu ihm. Dann werden wir ein bisschen plaudern.
Das Gespräch führte Sabine Hochschwarzer