Der Betrüger vor der Haustür
Die Tür fällt ins Schloss – ausgesperrt! In einer Situation wie dieser sind Betroffene dankbar für rasche Hilfe. Dubiose Unternehmen nutzen diese Notlage aus und stellen unverschämte Rechnungen.
Von Michaela S. Paulmichl
Innsbruck –Beim Verein für Konsumenteninformation ist das Thema ein Dauerbrenner, wie Maria Ecker, Leiterin des Beratungszentrums, berichtet. Und auch in der Tiroler Wirtschaftskammer kann Alexandra Schinnerl von der Landesinnung für Metalltechniker gleich mehrere Fälle aufzählen, in denen unseriöse Firmen für ihre Dienste das Drei- bis Vierfache der üblichen Kosten verlangten. Für einige wenige Minuten Arbeit – „ein Wahnsinn“, wie sie meint.
Konsumenten berichten darüber hinaus auch immer wieder über stark beschädigte Türen und die Vermieterin einer Wohnung in einem konkreten Fall über ein neu eingebautes, nicht einmal funktionsfähiges Schloss: „Wir mussten es danach selbst einbauen.“ Die verrechneten Kosten aber waren unverschämt: Für eine Arbeit, die nicht mehr als 150 Euro kosten dürfte, wurden 538,80 Euro in Rechnung gestellt. Der Handwerker wollte ihrer Mieterin anfangs außerdem nicht einmal eine Quittung ausstellen.
Auch die Tiroler Rechtsanwaltskammer warnt in einer aktuellen Aussendung vor überteuerten Rechnungen durch dubiose Firmen, die die Notlage der Ausgesperrten „eiskalt“ ausnützen würden. Nützliche Tipps – siehe unten – sollen dabei helfen, sich dagegen zu wappnen.
Das beginnt schon bei der Suche nach einem Schlüsseldienst – meistens auf dem Smartphone im Internet. In der Eile wird oft einer der Erstbesten kontaktiert, und das ist – wie ein Versuch zeigt – bei näherem Hinsehen ein Unternehmen aus Deutschland. Maria Ecker vom VKI verweist auf bezahlte Inserate, in denen mit günstigen Kosten geworben wird: „Wer die angegebene Telefonnummer wählt – meistens beginnen sie mit 0800 –, landet in einem Callcenter, das daraufhin Personen in der eigenen Umgebung mit der Arbeit beauftragt. Sie sind meistens gar nicht qualifiziert und haben keine entsprechende Ausbildung.“
Außergerichtliche Einigungen im Nachhinein sind nicht möglich: „Diese Unternehmen erstatten nichts zurück! Ist die Rechnung erst einmal bezahlt, ist das Geld weg!“ Auch vor Ort die Polizei zu rufen, bringt wenig, „wenn es um die Höhe von Preisen geht, ist sie nicht zuständig“. Anders verhält es sich bei Nötigung, etwa wenn der Kunde zur Zahlung gedrängt wird. Auch das kommt vor. Hat er nicht das nötige Bargeld, wird er vom vermeintlichen Schlüsseldienst-Mitarbeiter – Ecker vermutet dahinter auch kriminelle Vereinigungen – zum nächsten Bankomaten begleitet.
„Leider muss ich Ihnen mitteilen, dass Ihre Tochter auf Betrüger reingefallen ist, die es sogar teilweise schaffen, sich in Telefonleitungen von Tiroler Schlüsseldiensten einzuklinken, um Anfragen abzufangen“, musste Alexandra Schinnerl einem Vater mitteilen, der sich hilfesuchend an die Wirtschaftskammer gewandt hatte. Diese Leute seien schnell vor Ort – meist mit einem Auto mit deutschem Kennzeichen. „Wie auf der Rechnung ersichtlich, wird die deutsche Mehrwertsteuer von 19 Prozent verrechnet.“ Die Polizei könne nur einschreiten, wenn sie diese „Betrüger“ vor Ort erwische. Schließlich konnte Schinnerl den Vater nur noch auf einen Link verweisen – sollte dessen Tochter noch einmal einen Schlüsseldienst benötigen: Unter http://www.schluesseldienste-tirol.at/ sind nur Mitglieder der Wirtschaftskammer zu finden, die einen seriösen Schlüsseldienst zu marktüblichen Preisen anbieten. Und wie der VKI warnt auch sie: „Auf keinen Fall 0800er-Nummern wählen!“