Khamenei: Iran falls nötig zum Ausstieg aus Atomabkommen bereit

Teheran (APA/AFP/Reuters) - Der geistliche Oberhaupt des Iran, Ayatollah Ali Khamenei, hat sich skeptisch zu den Erfolgsaussichten des inter...

Teheran (APA/AFP/Reuters) - Der geistliche Oberhaupt des Iran, Ayatollah Ali Khamenei, hat sich skeptisch zu den Erfolgsaussichten des internationalen Atomabkommens geäußert und sich für einen Ausstieg ausgesprochen, sollte es nicht länger den „nationalen Interessen“ seines Landes dienen.

Das Atomabkommen sei „nicht das Ziel, sondern nur ein Mittel“, sagte Khamenei am Mittwoch in Teheran. Sollte die Führung zum Schluss kommen, dass es „nicht länger unserem nationalen Interesse dient, werden wir es beiseite legen“.

Khamenei sprach sich für eine Fortsetzung der Bemühungen aus, das Abkommen gemeinsam mit den Europäern zu retten, äußerte sich aber skeptisch zu den Erfolgsaussichten. Die iranische Regierung sollte „bei Fragen wie dem Atomabkommen oder der Wirtschaft ihre Hoffnung nicht auf die Europäer setzen“, sagte Khamenei bei einer Kabinettssitzung laut seiner offiziellen Website. „Wir müssen ihre Versprechen mit Skepsis bewerten.“

Khamenei, der in politischen Fragen im Iran das letzte Wort hat, lehnte erneut Gespräche mit den USA ab, nachdem US-Präsident Donald Trump trotz seines einseitigen Ausstiegs aus dem Atomabkommen dem Iran Verhandlungen angeboten hatte. Die USA wollten zeigen, dass sie „jeden, selbst die Islamische Republik, an den Verhandlungstisch bringen können“, sagte Khamenei. „Doch wie ich zuvor gesagt habe, wird es keine Verhandlungen mit ihnen geben.“

Seit dem Ausstieg der USA aus dem Atomabkommen hat sich die wirtschaftliche Lage im Iran weiter dramatisch verschlechtert. Das iranische Parlament leitete am Mittwoch ein Verfahren zur Absetzung von zwei weiteren Ministern ein, nachdem es wegen der Wirtschaftskrise bereits die Arbeits- und Wirtschaftsminister gestürzt hatte. 20 Abgeordnete unterzeichneten einen Beschluss zur Vorladung von Bildungsminister Mohammad Bathai, der sich nun binnen zehn Tagen der Befragung des Parlaments und einem Vertrauensvotum stellen muss.

Bereits am Dienstag hatten zwei andere Parlamentariergruppen einen ähnlichen Beschluss zum Minister für Industrie und Bergbau, Mohammad Shariatmadari, unterzeichnet. Die konservativen Abgeordneten verstärken damit den Druck auf den moderaten Präsidenten Hassan Rouhani, der sich am Dienstag wegen der Lage der Wirtschaft erstmals seit Beginn seiner Amtszeit 2013 der Befragung des Parlaments stellen musste.

Zum Ende der Sitzung äußerten die Abgeordneten in einer Abstimmung ihre Unzufriedenheit über Rouhanis Antworten auf vier ihrer fünf Fragen zum Vorgehen gegen Arbeitslosigkeit, Schmuggel und den Verfall des iranischen Rial. Parlamentspräsident Ali Larijani, der ein wichtiger Verbündeter des Präsidenten ist, verhinderte aber, dass die Angelegenheit zur Prüfung an die Justiz überwiesen wurde.

Ein Amtsenthebungsverfahren gegen Rouhani ist derzeit unwahrscheinlich, da Irans geistliches Oberhaupt Khamenei hinter Rouhani steht. Bei einer Kabinettssitzung rief er die Abgeordneten am Mittwoch auf, „Tag und Nacht“ für die Lösung der wirtschaftlichen Probleme zu sorgen. Der Iran kämpft seit Monaten mit einem drastischen Verfall seiner Währung, steigender Inflation und hoher Arbeitslosigkeit.

Verschärft wurden die Probleme Anfang August durch die Verhängung neuer Finanz- und Handelssanktionen durch die USA. Sie folgen auf die Entscheidung von US-Präsident Donald Trump zum einseitigen Ausstieg aus dem internationalen Atomabkommen mit dem Iran. Wegen der Sanktionen steht die Strategie von Rouhani, durch ausländische Investitionen die Wirtschaft in Schwung zu bringen, vor dem Scheitern.

Der iranische Geheimdienst verkündete unterdessen die Festnahme von „Dutzenden Spionen“ und kündigte ein verstärktes Vorgehen gegen Staatsbedienstete mit doppelter Nationalität angekündigt. Geheimdienstminister Mahmoud Alavi sagte am Dienstagabend in einem Fernsehinterview, die Festnahmen seien dank eines Agenten erfolgt, der „in der Regierung eines Landes mit einem sehr starken Geheimdienst“ platziert worden sei. Medien werteten dies als Verweis auf Israel.

Alavi warnte, die „Feinde“ des Landes versuchten, durch Spionage und Unterwanderung Informationen zum Iran zu erlangen, doch sei die Anti-Spionage-Abteilung eine der stärksten Bereiche des Geheimdienstministeriums.

Der Iran erkennt doppelte Staatsbürgerschaften nicht an. Auch die Festnahme von Doppelstaatsbürgern wird nicht routinemäßig bekanntgeben, die gemäß der Wiener Konvention Anrecht auf konsularische Betreuung hätten.