Ein Wiener trotzt(e) der Kälte in Tirol
„Austropopper“ Rainhard Fendrich spielte am Freitag in der ausverkauften Festungsarena in Kufstein.
Von Jasmine Hrdina
Kufstein –Stürmische Zeiten sind es, denen Rainhard Fendrich auf der Bühne trotzt. Nicht nur, weil beim Konzert am Freitagabend auf der Kufsteiner Festung der kalte Regen trotz Überdachung von allen Seiten kam und sich mindestens genauso unermüdlich zeigte wie der 63-jährige Wiener. Sondern auch, weil sich der politische Richtungswechsel der letzten Jahre mehr denn je auf das kreative Schaffen des „Austropoppers“ auswirkt. „Wir werden uns heute Abend kein Blatt vor den Mund nehmen“, schickte Fendrich gleich zu Beginn seines Auftritts in der Festungsstadt voraus und heizte den 4200 Fans mit dem Titelsong seines aktuellen Albums „schwarzoderweiss“ ein.
„Die wahren Verbrecher Europas tragen keine orangen Schwimmwesten, sondern maßgefertigte Anzüge“, prangerte der Künstler an, Flüchtlinge allgemein als „illegal“ zu bezeichnen. Dem folgte mit „Tango Korrupti“ ein Klassiker aus dem Jahr 1989, der „leider immer noch aktuell ist“, so Fendrich.
Auf dem Weg nach Kufstein hätten am Grenzübergang „Männer mit Maschinengewehren ins Auto geschaut. Die glauben, dass sie dadurch die Sicherheit erhöhen können“, erläuterte der Wiener und widersprach dieser Annahme mit einem Zitat Benjamin Franklins: „Wer Freiheit für Sicherheit aufgibt, wird alles verlieren.“ Mit einem verbalen Angriff auf US-Präsident Donald Trump („Er hat seinen Kopf nur auf, damit er das Stroh nicht in der Hand halten muss“) leitete er auf „Wer schützt Amerika“ über.
Gesellschaftskritisch, aus dem wahren Leben gegriffen, aber immer mit einem schelmischen Lächeln auf den Lippen – so spielt sich der Wiener seit 38 Jahren mit tiefgründigen Texten mitten ins Herz seiner Fans. Die herausragenden Musiker verliehen in Kufstein selbst ewigen Dauerbrennern wie „Blond“, „Midlife Crisis“ oder „Es lebe der Sport“ einen neuen, versierten Anstrich. Mit witzigen, aber auch rührenden Anekdoten rückte der 63-Jährige bekannte Lieder in ein neues Licht. So erzählte er etwa von dem einen Mädchen auf dem Schulhof, das diesen karierten Rock trug und ihm „den Verstand geraubt und leider auch behalten“ hat („Frieda“). Oder von dem Tag, als ihm sein Großvater im Wiener Prater die Angst vor dem Tod nahm („Geisterbahn“). Ob wahr oder Teil der Show sei dahingestellt, das Publikum jedoch dankte mit tosendem Applaus – die Musiker revanchierten sich mit zwei Zugabensets. Mit „Macho, Macho“, „Oben ohne“ und „Strade del Sole“ bewies Fendrich auch im Alleingang mit Akustikgitarre Bühnenpräsenz und Stimmgewalt. „Solange es Menschen gibt, die meine Lieder hören wollen, werde ich weitermachen“, versprach er am Ende und verabschiedete sein Publikum nach fast drei Stunden mit der Liebesbekundung „Weus’d a Herz host wie a Bergwerk“.
Ein bisschen „sudern“, ein Hauch Melancholie und einfache Weisheiten, die von Lebenserfahrung zeugen: Wie der Titel der aktuellen Tour schon sagt – Fendrich bleibt eben „für immer a Wiener“.