Chemnitz

Tausende Menschen bei Protesten gegen Rechts und gegen Flüchtlinge

Tausende Menschen wollten ein Zeichen gegen Fremdenfeindlichkeit setzen.
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Erneut gehen Tausende in Chemnitz auf die Straße. Je nach Lager protestieren sie gegen Fremdenhass oder die Flüchtlingspolitik. Mit zunehmender Zeit wird die Lage angespannter. Ein Zug der Rechten wird vorzeitig abgebrochen.

Chemnitz – Begleitet von einem massiven Polizeiaufgebot sind am Samstag rund 8000 Menschen verschiedener Lager bei einer Serie von Kundgebungen in Chemnitz auf die Straße gegangen. Knapp eine Woche nach den tödlichen Messerstichen und den folgenden ausländerfeindlichen Ausschreitungen nahmen laut Versammlungsbehörde rund 4500 Menschen an einem gemeinsamen Marsch der AfD und des ausländerfeindlichen Bündnisses Pegida teil, dem sich auch Demonstranten der rechtspopulistischen Bürgerbewegung Pro Chemnitz anschlossen. Zu einer zeitgleichen Veranstaltung für Frieden und gegen Ausländerfeindlichkeit kamen den Angaben zufolge rund 3500 Menschen auf einen Parkplatz bei der Johanniskirche. In den Nebenstraßen wurden zudem weitere hundert Teilnehmer gezählt.

Mit zunehmender Dauer der Veranstaltungen wurde die Stimmung in der Stadt angespannter. Der Zug mit rechten Demonstranten kam am frühen Abend nur stockend voran. Nach einem verspäteten Start wurde der Marsch kurz vor dem Denkmal mit dem Karl-Marx-Kopf wieder gestoppt und schließlich unter lautstarkem Protest abgebrochen. Wasserwerfer fuhren auf. Polizei und zahlreiche Demonstrationsteilnehmer standen sich auch nach Abbruch der Veranstaltung angespannt gegenüber.

An den Demonstrationen von AfD und Pro Chemnitz beteiligten sich nach Angaben eines Sprechers der Stadt nach ersten Schätzungen rund 6000 Menschen
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Wie die Polizei mitteilte, versuchten Gegendemonstranten auf die Strecke zu gelangen. „Unsere Einsatzkräfte werden teilweise gezwungen, unmittelbaren Zwang einzusetzen! Noch mal unser Aufruf, bitte bleibt gewaltfrei!“, schrieb die Polizei via Twitter. Auch an anderen Stellen der Stadt musste die Einsatzkräfte nach eigenen Angaben teilweise eingreifen.

AfD-Politiker aus mehreren Landesverbänden waren am Samstag in Chemnitz, darunter die AfD-Landesvorsitzenden von Thüringen, Sachsen und Brandenburg, Björn Höcke, Jörg Urban und Andreas Kalbitz. Auch die fremdenfeindliche Pegida-Bewegung schloss sich der Kundgebung an. In dem Aufruf zu dem sogenannten Schweigemarsch hieß es, es solle „um die Toten und Opfer der illegalen Migrationspolitik“ in Deutschland getrauert werden.

Bei Protesten in Chemnitz war es vergangene Woche zu Ausschreitungen gekommen. Auslöser für die Proteste war der Tod eines 35-Jährigen.
© Reuters/Hannibal Hanschke

Die Polizei zeigte seit dem Mittag starke Präsenz, außer mit den Wasserwerfen auch mit berittenen Beamten und gepanzerten Fahrzeugen. Sie wurde von Kräften aus mehreren Bundesländern und von der Bundespolizei unterstützt.

Zu der „Chemnitz-Nazifrei-Veranstaltung“ bei der Johanniskirche erschien neben Bundes- und Landespolitikern auch die Chemnitzer Oberbürgermeisterin Barbara Ludwig.„Von Sachsen und Chemnitz muss heute die klare Botschaft ausgehen: Wir werden mit allen Mitteln des Rechtsstaates den rechten Hetzern entgegentreten“, sagte die SPD-Politikerin.

Auch SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil und der Fraktionschef der Linken im Bundestags, Dietmar Bartsch, mischten sich unter die Teilnehmer. „Ich finde es ganz toll, dass die Stadtgesellschaft in Chemnitz aufsteht und ein klares Zeichen setzt, dass Hass, dass Gewalt, dass Rassismus in der Stadt nichts zu suchen haben“, sagte Bartsch der dpa. Auch die SPD wolle ein Zeichen setzen, sagte Klingbeil der dpa. „Wir stehen hinter den friedlichen Protesten, wir wollen, dass klar wird, die Mehrheit denkt hier anders, denkt nicht rechtsextrem, denkt nicht ausländerfeindlich.“

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Vor knapp einer Woche war ein 35-jähriger Deutscher bei einer Messerattacke in Chemnitz getötet worden, zwei weitere wurden verletzt. Als Tatverdächtige sitzen ein Iraker und ein Syrer in Untersuchungshaft.

Die Chemnitzer Polizei ermittelt nach der Anzeige eines MDR-Teams zu einem Vorfall in einer Privatwohnung am Rande der Demonstrationen. „Vorfall mit einem MDR-Team in einer Privatwohnung. Wir haben eine Anzeige aufgenommen und ermitteln“, twitterte die Polizei. Zu Details konnte eine Sprecherin noch nichts sagen. Der Sender selbst sprach von einer „Attacke“ und einem Angriff auf zwei erfahrene Reporter, wobei einer verletzt wurde. (dpa)

Die Demonstration verlief laut Polizei "ruhig und friedlich".
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