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NAFTA: Freihandelsabkommen hängt in den Seilen

Kanadas Außenministerin Chrystia Freeland bezeichnete die Gespräche als intensiv, mit "dramatischen Momenten".
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Ein Jahr lang wurde verhandelt, in der vergangenen Woche sogar bis tief in die Nacht. Doch Donald Trumps Kompromisslosigkeit bringt eines der größten Freihandelsabkommen der Welt in Gefahr. Die Sorge ist groß.

Washington – Ungewissheit für eine der größten Freihandelszonen der Welt: Bei den Gesprächen über einen neuen nordamerikanischen Handelspakt, bisher unter dem Kürzel NAFTA bekannt, haben sich die USA und Kanada nicht geeinigt. Am Freitag war eine Frist im Verhandlungsmarathon verstrichen. Nun sollen die Gespräche Mitte kommender Woche fortgesetzt werden.

Völlig überraschend drohte der US-Präsident dem Kongress am Samstag damit, das Abkommen komplett aufzukündigen. „Der Kongress sollte sich nicht in diese Verhandlungen einmischen, oder ich werde NAFTA insgesamt beenden – und wir werden besser dastehen“, schrieb Trump auf Twitter. NAFTA sei eines der schlechtesten je geschlossenen Handelsabkommen, schrieb er weiter. „Die USA haben Tausende Firmen und Millionen von Arbeitsplätzen verloren. Wie waren vor NAFTA viel besser dran, es hätte nie unterzeichnet werden dürfen.“

Die Drohung kommt überraschend, denn erst am Vortag hatte Trump einen Brief an den Kongress gesandt, um den parlamentarischen Prozess für ein neues Freihandelsabkommen in Gang zu setzen. Mit Mexiko hatten sich die USA bereits bilateral auf ein vorläufiges Abkommen geeinigt. Unklar ist, ob solch ein Abkommen – nur mit Mexiko und ohne Kanada – eine Mehrheit im Kongress finden würde. Viele Parlamentarier, auch Republikaner, hatten sich für ein Abkommen mit Kanada ausgesprochen.

Trump zu keinerlei Kompromissen bereit

Trump dagegen sagte: „Wenn wir mit Kanada keinen Deal machen, ist das in Ordnung.“ Er hatte für diesen Fall zuvor hohe Zölle für das Nachbarland angedroht. Am Samstag dann wetterte Trump erneut gegen Kanada. „Ich liebe Kanada, aber die haben unser Land seit vielen Jahren ausgenutzt“, twitterte er.

Möglicherweise hat eine Indiskretion dazu beigetragen, die Gespräche zwischen den USA und Kanada vorübergehend zum Erliegen zu bringen. Trump hatte in einem Interview mit der Nachrichtenagentur Bloomberg am Donnerstag unter dem Siegel der Vertraulichkeit gesagt, dass er zu keinerlei Kompromissen gegenüber Kanada bereit sei. Dies könne er aber öffentlich nicht sagen. Die Zeitung Toronto Star veröffentliche die Äußerungen später dennoch. In einem Twitter-Eintrag beschwerte sich Trump später über die Indiskretion, fügte aber hinzu: „Jetzt weiß Kanada wenigstens, wo ich stehe.“

„Wir verhandeln, bis wir einen Deal haben“

Kanadas Außenministerin Chrystia Freeland und US-Verhandlungsführer Robert Lighthizer erklärten am Freitag, die Gespräche sollen am Mittwoch kommender Woche fortgesetzt werden. Freeland sagte, sie wolle nicht die Einzelheiten der Gespräche über die Medien verhandeln. „Wir kommen am nächsten Mittwoch wieder und wir verhandeln, bis wir einen Deal haben.“

Allerdings schränkte sie ein, dieser müsse gut für Kanada sein. Die von den USA erhobenen und mit Aspekten der Nationalen Sicherheit begründeten Sonderzölle auf Stahl und Aluminium bezeichnete sie als „absurd“. Auf die Frage, ob sie mit jemandem wie Trump überhaupt verhandeln könne, sagte sie: „Mein Gegenüber ist Robert Lighthizer.“ Insgesamt bezeichnete sie die Gespräche als intensiv, mit „dramatischen Momenten“. Freeland wies darauf hin, dass Kanada einer der größten Absatzmärkte für die USA sei – größer als China, Japan und Großbritannien zusammen.

Bei Autos und Flugzeugen knirscht es in Verhandlungen

Herzstück der Verhandlungen bleibe der Auto-Sektor, sagte Freeland. Hier habe Mexiko bereits große Flexibilität gezeigt. Im Kern geht es darum, wie viel Prozent der Teile eines Autos aus einem der Länder der jeweiligen Handelspartner kommen müssen, um auf gegenseitige Zölle zu verzichten. Die USA und Mexiko hatten sich darauf geeinigt, den Anteil von bisher 62,5 Prozent auf 75 Prozent anzuheben. Gleichzeitig stimmte Mexiko einer Erhöhung des Mindestlohnes in einigen Bereichen der Automobilindustrie auf 16 Dollar zu – dies war eine Forderung der Hochlohnländer Kanada und USA.

Zwischen Kanada und den USA kracht es beim Handel jedoch nicht nur bei den Autos. Gerichte beschäftigen sich mit dem Zollstreit um Passagierflugzeuge des kanadischen Herstellers Bombardier. Die Bauern entlang der längsten Landgrenze der Welt liegen ihren jeweiligen Regierungen seit Jahren in den Ohren. Es geht um Holzlieferungen.

Voller Text muss in 30 Tagen an Kongress

Mit dem Brief an den Kongress, in dem Trump das Abkommen ankündigte, hat Trump eine 90-Tage-Frist ausgelöst, nach deren Ablauf ein Abkommen unterzeichnet werden kann. In dem Schreiben ist eine Wiedereinstiegsklausel für Kanada enthalten. Der volle Text des Abkommens muss erst in 30 Tagen an den Kongress gesandt werden.

Medienberichten zufolge will Trump so ermöglichen, dass ein Abkommen noch vor dem Regierungswechsel in Mexiko unterzeichnet werden kann. Der bisherige Präsident Enrique Pena Nieto hatte dem Abkommen mit den USA zugestimmt. Der künftige mexikanische Präsident, Linksnationalist Andres Manuel Lopez Obrador, gilt als kritischer gegenüber den USA.

Der Handel mit Kanada macht einen großen Teil der US-Wirtschaftsleistung aus. Mit einem Exportvolumen von 282 Milliarden Dollar (242 Mrd. Euro) im Jahr 2017 ist nach offiziellen US-Angaben Kanada der größte Exportmarkt der USA. Dennoch haben die USA ein Handelsdefizit mit dem nördlichen Nachbarn von im vergangenen Jahr 17 Milliarden Dollar.

Die deutsche Wirtschaft zeigt sich besorgt über die stockenden NAFTA-Gespräche. „Deutsche Unternehmen haben dort in Milliardenhöhe investiert und über Jahre umfassende Lieferketten aufgebaut“, teilte der Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertags (DIHK), Eric Schweitzer, am Samstag in Berlin mit. Die deutsche Wirtschaft sei auch deshalb auf eine enge wirtschaftliche Zusammenarbeit zwischen den USA, Mexiko und Kanada angewiesen. (APA/dpa)

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