Brasiliens populärer Ex-Präsident Lula darf bei Wahl nicht antreten
Brasilia (APA/dpa) - Fünf Wochen vor der Präsidentenwahl in Brasilien werden die Karten noch einmal neu gemischt. Der große Favorit Luiz Ina...
Brasilia (APA/dpa) - Fünf Wochen vor der Präsidentenwahl in Brasilien werden die Karten noch einmal neu gemischt. Der große Favorit Luiz Inacio Lula da Silva ist aus dem Rennen - Millionen Stimmen sind zu verteilen. Es dürfte ein heißer Wahlkampf werden im größten Land Lateinamerikas.
Lula sitzt wegen Korruption eine langjährige Haftstrafe ab. Trotzdem schrieb seine linke Arbeiterpartei (PT) den 72-Jährigen als Kandidaten für die Wahl am 7. Oktober ein. Nach einer Marathonsitzung entschied das Oberste Wahlgericht am frühen Samstagmorgen (Ortszeit), dass Lula nicht antreten darf.
Der Ex-Präsident kann gegen diese Entscheidung noch in Berufung gehen. „Wir werden vor Gericht alle möglichen Rechtsmittel einlegen, damit die politischen Rechte von Lula gewahrt werden“, kündigte die PT an. Beobachter gehen allerdings nicht davon aus, dass Lula die Gerichtsentscheidung noch kippen kann.
Der ehemalige Präsident (2003-2010) sitzt wegen Korruption eine zwölfjährige Haftstrafe ab. Er soll sich von einem Bauunternehmen ein Luxus-Apartment renovieren haben lassen. Lula weist die Vorwürfe zurück und sieht sich als Opfer einer politischen Intrige. Allerdings verbietet ausgerechnet ein von ihm selbst eingebrachtes Gesetz die Bewerbung von Vorbestraften für öffentliche Ämter. „Angesichts der Gesetzeslage war die Entscheidung sehr einfach“, sagte der federführende Richter Luis Roberto Barroso.
Erst am Donnerstag hatte der frühere EU-Parlamentspräsident und deutsche SPD-Vorsitzende Martin Schulz Lula im Gefängnis besucht und sich dafür ausgesprochen, dass der Ex-Präsident noch einmal antreten darf. „Keine Macht der Welt kann mich daran hindern, zu einem Mann, den ich seit vielen Jahren kenne und dem ich vertraue, zu sagen: Ich glaube dir“, sagte Schulz.
Auch die sozialistische Regierung in Kuba, Venezuelas autoritärer Präsident Nicolas Maduro sowie die Senatorin und frühere argentinische Staatschefin Cristina Fernandez de Kirchner kritisierten Lulas Ausschluss von der Wahl.
Mit der Entscheidung des Gerichts ist fünf Wochen vor dem ersten Wahlgang wieder alles offen. Lula ist der beliebteste Politiker des Landes und kam zuletzt in Umfragen auf fast 40 Prozent. Nun dürfte sein Vizekandidat Fernando Haddad für die PT ins Rennen gehen.
Fraglich ist jedoch, wie weit er von der Popularität des beliebten Ex-Präsidenten profitieren kann. Parteichefin Gleisi Hoffmann glaubt, dass der frühere Bürgermeister von Sao Paulo auf bis zu 80 Prozent der Lula-Stimmen zählen darf. Tatsächlich muss er darauf hoffen, dass ein wenig von Lulas Glanz auf ihn abfällt. Zuvor kam er gerade einmal auf vier Prozent Zustimmung in den Umfragen.
Allerdings darf die Arbeiterpartei laut dem Urteil keinen Wahlkampf mit Lulas Namen machen. Am Samstag wurde bereits ein Werbespot eines PT-Kandidaten im Bundesstaat Sao Paulo verboten, weil Lula darin die Hauptrolle spielt.
Zweitplatzierter in den Umfragen ist der ultra-rechte Ex-Fallschirmjäger Jair Bolsonaro, der gegen Homosexuelle und Minderheiten hetzt und die Militärdiktatur (1964-1985) verherrlicht. Der „Trump Brasiliens“ schockiert immer wieder mit Entgleisungen. Einer Politikerin bescheinigte er einmal, sie habe es nicht verdient, vergewaltigt zu werden, „weil sie sehr hässlich ist“.
Das Land steckt in einer schweren Krise. Vor einigen Jahren galt die größte Volkswirtschaft Lateinamerikas noch als aufstrebende Regionalmacht, heute ist Brasilien ein Sorgenkind. Durch die jüngsten Korruptionsskandale ist fast die gesamte politische Klasse des Landes diskreditiert. Nach einer schweren Rezession erholt sich die Wirtschaft nur langsam. Und die Spirale der Gewalt dreht sich weiter.
Vor allem aber ist das Vertrauen der rund 146 Millionen Wähler in die Politiker schwer erschüttert. Seit Beginn des Korruptionsskandals „Lava Jato“ kreist die gesamte politische Klasse fast ausschließlich um sich selbst. Davon profitiert nun der Ex-Militär Bolsonaro, der sich als Anti-System-Kandidat präsentiert.
(Wochenendzusammenfassung)