Die Abwehrschlacht der Bakterien
90 Jahre ist es her, dass der Schotte Alexander Fleming die bakterienvernichtende Eigenschaft des Schimmelpilzes Penicillium entdeckt hat. Doch das Wundermittel Antibiotika verliert an Wirksamkeit.
Genf –Rund 700.000 Menschen sterben nach Schätzungen jedes Jahr weltweit an Infektionen, gegen die keine Antibiotika mehr helfen. Die Zahl könnte auf zehn Millionen Menschen im Jahr steigen, wenn Forscher das wachsende Problem der Resistenzen von Bakterien gegen Antibiotika nicht in den Griff bekämen, heißt es in einer Studie des Mahidol Oxford Research Centre (MORU) in Bangkok und des Infectious Diseases Data Observatory (IDDO) in Oxford.
Die Wissenschafter errechneten, dass die zunehmenden Resistenzen für die Gesellschaft schon jetzt zudem eine immense finanzielle Bürde sind. Hochgerechnet auf ein ganzes Land kämen so Millionenbeträge zusammen, sagen die Forscher.
Rückblende September 1928, als einfache Wundinfektionen oder Diphtherie, Lungenentzündung und Tuberkulose für Patienten oft ein Todesurteil waren: Ein schottischer Bakterienforscher merkt nach der Rückkehr aus dem Urlaub, dass sich auf einer Bakterienkultur in seinem Labor ein Schimmelpilz gebildet und die Bakterien vernichtet hat. Der Pilz heißt Penicillium. Alexander Fleming (1881–1955) ist sich seiner bahnbrechenden Entdeckung sofort bewusst. Es dauert aber noch 14 Jahre, bis das erste Penicillin auf den Markt kommt. Fleming erhält 1945 den Medizinnobelpreis.
Nach dem Penicillin werden weitere gegen Bakterien wirkende Verbindungen gefunden. Doch Bakterien entwickeln auf uralten und natürlichen Wegen Überlebensstrategien gegen Substanzen, die ihnen schaden. Sie werden resistent. Aber auch Ärzte, Patienten und Bauern tragen zu dem Problem bei, indem sie Antibiotika zu oft einsetzen.
Schon innerhalb der EU sind die Unterschiede drastisch: In Süd- und Mitteleuropa – etwa Spanien, Italien, Griechenland, Ungarn, Rumänien, Polen – sind teils schon weit über 50 Prozent bestimmter Bakteriengruppen gegen einzelne Antibiotika resistent. In Deutschland, den Niederlanden und Skandinavien sind es meist deutlich unter zehn Prozent. In Griechenland und Zypern liegt der Verbrauch von Antibiotika pro 1000 Einwohnern etwa doppelt so hoch wie in Deutschland.
In manchen Ländern sind Antibiotika gar an der Straßenecke oder auf dem Markt erhältlich. In anderen werden die Wirkstoffe von skrupellosen Geschäftemachern verdünnt. Ein falsches oder unwirksames Mittel oder eine falsche Dosierung sorgen aber dafür, dass Bakterien sich an die Medikamente anpassen, dass sie überleben. (TT, dpa)