Musik

Neue Musik, alt, aber gut

© Klangspuren

Aus dem Tagebuch der Klangspuren: Ein Sonntag in Innsbruck und in Schwaz, und die Grenzen zwischen Klassik und Zeitgenössisch scheinen aufgehoben.

Von Erna Cuesta

Innsbruck, Schwaz –Die Liste der Werke, der Komponisten und der Künstler des Programms der Klangspuren liest sich wie das „Who’s who“ der Neuen Musik der letzten Jahrzehnte. Das Tiroler Festival war und ist in den 25 Jahren seines Bestehens reich an Uraufführungen, Entdeckungen und Wieder-Begegnungen. Und der zeitgenössischen Musik verpflichtet.

Dass sich im Laufe dieser Jahre namhafte Komponisten in ihren unterschiedlichen Schaffensperioden immer wieder eingefunden und sich mitunter im großen Feld der neuen Spielweisen zu „Klassikern“ entwickelt haben, verwundert also nicht weiter.

Umso spannender ist es dann, ein Konzert der „Klangspuren International Ensemble Modern Academy“ zu erleben, wie Sonntagmittag im „Vier und Einzig“ in Innsbruck. Junge professionelle Instrumentalisten präsentieren hier das künstlerische Ergebnis ihres zehntägigen Meisterkurses.

Wie frisch und modern klingt da beispielsweise das 1923 komponierte siebenminütige „Octandre für sieben Bläser und Kontrabass“ von Edgard Varèse. Wie spielerisch und mit welcher Leichtigkeit bewegen sich die jungen Musiker in den komplexen Klangwelten von Rebecca Saunders – respektvoll, aber nicht, ohne vergangene Interpretationen zu hinterfragen. Alle Beteiligten haben sich neue Gedanken machen und neu hören müssen. Ein lustvoller Prozess, auch für das Publikum.

Ganz im Sinne des Verlassens von bekannten Pfaden und Hörgewohnheiten ist dann auch das abendliche Programm gestaltet. Kein Kontrastprogramm im klassischen Sinne, aber dennoch „unge-hört“ im besten Sinne des Wortes. Kammermusik am Rande der Stille. Das aus Paris stammende exquisite Ensemble „Quatuor Diotima“ tritt in der Schwazer Kirche St. Martin auf und schenkt der Gegenwartsmusik eine faszinierende künstlerische und räumliche Dimension.

An diesem Ort der inneren Einkehr entfaltet das als Uraufführung von den Klangspuren in Auftrag gegebene Streichquartett von Jean-Luc Hervé eine unglaubliche Kraft und Intensität. Es ist das erste Streichquartett des im zeitgenössischen Repertoire etablierten Komponisten. Nichts an diesem Werk ist überfrachtet. Weniger ist mehr. Zurück zu den Ursprüngen Neuer Musik. Auf das Wesentliche des Klangs reduziert, spielt Hervé mit den Grenzen des Hörens und der Konzentration. Flirrende, sich steigernde oder kaum wahrnehmbare Töne erfüllen den Innenraum der Kirche und nehmen den Zuhörer mit auf die Reise.

Fast vergisst man dabei zu atmen und wird in Rebecca Saunders’ jüngst entstandenem Werk „Unbreathed“, also „Ungeatmet“, wieder an den sakralen Schauplatz zurückgeführt. Der Titel ist Programm: Ruhe- und rastlos hält die Komponistin temporeich ihr Publikum in Atem. Zart und wild mit hoher Frequenz bäumen sich Klangfarben wie ein Herzflimmern auf. Atemberaubend. Arturo Fuentes nimmt mit seiner Uraufführung „Ice reflection“ diese Energie auf. Glasklar, klirrend und vibrierend gleiten seine Klänge dahin.

Zum Ausklang gibt es dann wieder etwas für die Seele: Alt, aber gut, möchte man sagen. Klangspurengründer Thomas Larcher entwirft mit „lucid dreams“ aus dem Jahre 2015 ein gestochen scharfes Klangbild in klassischer Form. Vier helle und dunkle Sätze, emotional fordernd, warm und bereichernd. Zum Spüren nahe und am Puls der Zeit.

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