Ehemaliges Hotel in Telfs wird Senioren-WG
Im früheren Hotel Tirolerhof in Telfs soll eine Alternative zum klassischen Altenheim entstehen: betrieben von einer Sozialgenossenschaft, mit möglichst viel Freiraum für demente Menschen und Kontakt zu Jungen.
Von Michael Domanig
Telfs –Das ehemalige Hotel Tirolerhof in der Telfer Bahnhofstraße wurde in den letzten Monaten aufwändig adaptiert und umgestaltet – für ein Projekt, das in dieser Form tirol- und womöglich auch österreichweit neuartig ist: Die gebürtige Deutsche Dorothee Wagner hat das weitläufige Haus mit zwei Partnerinnen aus Südtirol, Petra Perkmann und Hildegard Matscher, gekauft und die „Telfer Lebensebenen GmbH“ gegründet. Unter diesem Dach wird man zum einen ein Kulturcafé und Restaurant betreiben, die für die Öffentlichkeit ganz normal zugänglich sind, vor allem aber eine Art Wohngemeinschaft für Senioren, speziell für Menschen mit Demenz.
Das Besondere: Die „Alternative zum Altenheim“, wie sie die Initiatorinnen anstreben, soll von einer Sozialgenossenschaft („Aktion Mondschein“) geführt werden – ein Modell, das in Südtirol schon verbreiteter sei: „Es handelt sich um einen Zusammenschluss von Personen, der sich selbst organisiert und soziale Inhalte verfolgt. Gemeinsam führen wir ein Non-Profit-Unternehmen“, erklärt Wagner. „Mit einem Mitgliedsbeitrag von 200 Euro pro Jahr hat man Stimmrecht bei allen Belangen der Genossenschaft, die Mehrheit bestimmt den Kurs.“ Anders formuliert: „Die Leute bzw. deren Angehörige oder Sachwalter sind meine Chefs.“ In Südtirol hat Wagner über dieses Modell – das Konzept hat sie selbstständig ausgearbeitet – zeitweise bis zu drei Häuser mit insgesamt 100 Betten betrieben, nach dem Tod ihres Mannes will sie mit der Idee nun in Telfs Fuß fassen.
Der Zimmertrakt des ehemaligen Hotels bietet Platz für ca. 35 Menschen, auch Doppelzimmer für Paare, teils mit Pflegebetten versehen. Grundgedanke sei „größtmögliche Freiheit und Mitspracherecht“ für die Bewohner, betont Wagner: Sie sollen sich frei bewegen, ins Bett gehen, aufstehen, Besuch empfangen und essen können, wann sie wollen – auch wenn es fixe Gruppen-Essenszeiten gebe. Man biete eine lang- oder eine kurzfristige Verweildauer (Zimmervermietung bis zu drei Monate oder Wohnsitz), also die Option, wie im klassischen Hotelbetrieb ein Zimmer auf Zeit zu buchen, auch zusammen mit Angehörigen. Dazu gebe es individuell gewünschte Begleitangebote. Die drei Gründerinnen sind ausgebildete Krankenschwestern, weitere Pflegekräfte werden gesucht. Man setze auf eine enge Zusammenarbeit mit Hausärzten und Hauskrankenpflege, meint Wagner. Was ihr wichtig ist: „Wir arbeiten natürlich nicht ohne Medikamente, aber bei uns werden keine Beruhigungs- und Schlafmittel verwendet, um Leute ruhigzustellen.“
Generell sollen die Bewohner, wenn sie wollen, möglichst aktiv mitmachen können – etwa beim gemeinsamen Kochen: „Das können auch Menschen mit fortgeschrittener Demenz.“ Auch mehrere Aufenthaltsbereiche sollen es möglich machen, den Tag gemeinsam mit anderen gemütlich zu verbringen. „Wir wollen der Demenz den Schrecken nehmen“, fasst Wagner zusammen.
Teil des Konzepts ist auch die Begegnung mit jungen Menschen. Daher sind im Unter- und Obergeschoß zwei Studierenden-WGs für drei bzw. vier Personen geplant. Die Mieten lägen „weit unter dem Marktpreis“, so Wagner, im Gegenzug werde erwartet, dass sich die jungen Menschen von sich aus zehn Stunden pro Woche im Haus einbringen – ob bei der Begleitung der alten Menschen oder z. B. bei Tätigkeiten im und ums Haus. „Das würde sich besonders für Studierende aus Sozialberufen anbieten“, meint Wagner.
Restaurant und Kulturcafé samt Ausstellungsraum – in dem Kunst mit sozialem Bezug Platz finden soll – werden am Sonntag, den 16. September, eröffnet, ab 10 Uhr ist zugleich Tag der offenen Tür für alle Interessierten. Ab Oktober soll das Projekt des Generationen-Wohnens dann schrittweise starten.