Karstadt/Kaufhof: Tiroler Benko schafft neuen Warenhaus-Riesen
Die Eigentümer von Karstadt und Kaufhof, die österreichische Signa Holding und das kanadische Unternehmen Hudson‘s Bay Company (HBC), haben sich auf darauf geeinigt, ein Joint Venture zu gründen.
Essen/Köln – Der Tiroler Investor Rene Benko und seine Signa Holding mischen die deutsche Handelslandschaft auf. Die Signa-Tochter Karstadt und Kaufhof schließen sich zu einem neuen Warenhaus-Riesen zusammen. Nach monatelangen Verhandlungen wurde die Fusion am Dienstag offiziell verkündet, die Wettbewerbshüter müssen den Deal aber noch prüfen. Benko hatte bereits mehrfach versucht Kaufhof zu übernehmen.
Signa Retail wird 50,01 Prozent der Anteile an der neuen Holdinggesellschaft halten und die kanadische Kaufhof-Mutter HBC 49,99 Prozent. Zum neuen gemeinsamen Unternehmen von Signa und Hudson‘s Bay Company (HBC) gehören die Galeria Kaufhof, die Karstadt Warenhaus GmbH, das gesamte Einzelhandelsgeschäft von HBC Europe (Saks OFF 5TH, Galeria Inno in Belgien, Hudson‘s Bay in den Niederlanden) und auch Karstadt Sports sowie der gesamte Lebensmittel- und Gastronomiebereich beider Unternehmen. Der neue Warenhaus-Riese verfügt künftig über 243 Standorte in europäischen Innenstadtlagen und beschäftigt insgesamt 32.000 Mitarbeiter. Außerdem werden zahlreiche Internethandels-Plattformen der beiden Unternehmen zusammengeführt.
Kartellamt überprüft Zusammenschluss
Im Rahmen des Deals erwirbt die Signa Prime Selection AG 50 Prozent am europäischen Immobilienbestand von HBC. Zu diesem Immobilienportfolio gehören künftig 39 Immobilien aus einem bestehenden Joint Venture von HBC in Europa sowie 18 weitere Immobilien, die sich bisher im Eigentum von Galeria Kaufhof befinden, teilte Signa am Dienstag in einer Aussendung mit. HBC wird weiterhin 50 Prozent der Immobilien halten. Der Kaufhof-Standort in Köln und das Carsch-Haus in Düsseldorf werden zu 100 Prozent von der Signa Prime Selection AG übernommen. Die damit erzielten Erlöse sollen in das operative Geschäft investiert und zur Rückführung der Verbindlichkeiten verwendet werden.
HBC-Chefin Helena Foulkes bezeichnete die Partnerschaft mit Signa als „kluge und strategisch sinnvolle Entscheidung“. Dies würde die Voraussetzungen schaffen, um „die Herausforderungen im deutschen Einzelhandel zu meistern“. Karstadt- und Signa-Retail Chef Stephan Fanderl sieht die Fusion als „eine ideale Lösung“ im „stark umkämpften deutschen und europäischen Einzelhandelsmarkt“. Fanderl wird auch neuer Chef des Gemeinschaftsunternehmens von Karstadt und Kaufhof. „Jetzt beginnt eine Phase, die von harter Arbeit, großen betrieblichen Herausforderungen und fordernden Marktveränderungen geprägt ist“, so Fanderl.
Das deutsche Bundeskartellamt will den Zusammenschluss der beiden Warenhausketten Kaufhof und Karstadt untersuchen. Es würde sich um eine große Fusion handeln, die sich das Kartellamt ansehen werde, sagte die deutsche Kartellamtschef Andreas Mundt Ende August.
Karstadt-Betriebsrat fordert Erhalt aller Arbeitsplätze
Der Karstadt-Gesamtbetriebsratsvorsitzende Jürgen Ettl hat den Erhalt aller 32.000 Arbeitsplätze und aller Standorte beim Zusammenschluss von Karstadt und Kaufhof gefordert. „Die Fusion darf nicht zu Lasten der Arbeitnehmer gehen“, verlangte der Arbeitnehmervertreter am Dienstag.
Ziel müsse Wachstum statt Restrukturierung sein und Arbeitsplatzerhalt statt Arbeitsplatzvernichtung. Ettl verwies darauf, dass gerade die Beschäftigten von Karstadt Sicherheiten und eine positive Perspektive verdient hätten. Seit vielen Jahren verzichteten sie für den Erhalt von Karstadt auf Teile ihres Tarifgehalts.
Verdi will an Zukunftskonzept mitarbeiten
Die Gewerkschaft Verdi hat die Eigentümer von Karstadt und Kaufhof aufgefordert, die Arbeitnehmer rasch in die Planungen für die Zukunft des fusionierten Warenhauskonzerns einzubeziehen. „Es ist jetzt allerhöchste Zeit, gemeinsam mit den Betriebsräten und Verdi ein tragfähiges Zukunftskonzept zu entwickeln“, sagte Bundesvorstandsmitglied Stefanie Nutzenberger am Dienstag in Berlin.
Dabei plädierte die Gewerkschafterin ausdrücklich dafür, beide Traditionsmarken zu erhalten. „Beide Warenhäuser haben ihren Platz in Deutschland. Wenn das Konzept stimmt, können Doppelstandorte sogar eine Stärke sein“, meinte Nutzenberger.
Gleichzeitig erinnerte sie die Eigentümer an die soziale Verantwortung für die Mitarbeiter. Immer weniger Menschen auf der Verkaufsfläche seien kein Mittel, den Fortbestand der Warenhäuser zu sichern. Zukunftsträchtige Konzepte brauchten mehr Arbeitsplätze und nicht weniger. „Wer Geld für solch eine große Transaktion hat, muss auch Geld für die Beschäftigten haben“, sagte die Gewerkschafterin.
Deutsche Städte besorgt über Zusammenschluss
Die Fusion führt in vielen Städten zu Unruhe. Die Städte sähen den Zusammenschluss „nicht ohne Sorge“, sagte der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städtetages, Helmut Dedy, am Dienstag der Deutschen Presse-Agentur.
Die Warenhäuser seien wichtige Arbeitgeber und Versorgungszentren vor Ort, sie unterstützten durch ihre Anziehungskraft auch den Einzelhandel in ihrem Umfeld. „Deshalb wünschen wir uns, dass nach der Fusion möglichst alle Kaufhaus-Standorte bestehen bleiben“, betonte Dedy.
Für den Fall von Schließungen appellierte er an die Warenhaus-Verantwortlichen, möglichst rasch Gespräche mit den Städten über eine tragfähige künftige Nutzung aufzunehmen. Es müssten dann Strategien entwickelt werden, um negative Auswirkungen auf die lokalen Arbeitsmärkte und das Umfeld der Häuser abzumildern. (APA/dpa)