Türkei

Österreichischer Journalist in Türkei festgenommen

Symbolfoto.
© AP

Der Journalist und Student Max Zirngast wurde am Dienstag in der türkischen Hauptstadt Ankara festgenommen. Das Außenministerium hat Kontakt zu den türkischen Behörden aufgenommen.

Ankara — Ein österreichischer Staatsbürger ist am Dienstag in der türkischen Hauptstadt Ankara festgenommen worden. Das bestätigte der Sprecher des Außenministeriums, Thomas Schnöll, gegenüber der APA. Die österreichische Botschaft sei mit den türkischen Behörden und den Angehörigen des Österreichers im Kontakt. „Aus datenschutzrechtlichen Gründen können keine Details zu den Umständen des Falls weitergegeben werden", sagte Schnöll weiter.

Das Magazin Revolt gab auf Twitter bekannt, dass es sich bei dem Festgenommenen um den Journalisten und Studenten Max Zirngast handelt. Er sei gegen fünf Uhr früh gemeinsam mit anderen in Ankara festgenommen worden. Die Redaktion des nach Eigenbezeichnung "linksradikalen Politik-Analyse-Bewegungs-Magazins" vermutet einen Zusammenhang mit "politischen Publikationen".

Engagement für pro-kurdische Bewegung

Laut dem ORF-Fernsehen studiert Zirngast in Ankara Politikwissenschaft an der "Middle East Technical University" und schreibt an seiner akademischen Arbeit. Er soll laut dem Bericht Analysen geschrieben haben, die auf eher linksgerichtete Medien veröffentlicht wurden, und sich in der Vergangenheit für die linke pro-kurdische Bewegung in der Türkei engagiert haben.

Laut dem Anwalt des Studenten seien die Männer zur Stunde noch nicht einvernommen worden. Laut dem türkischen Recht müssten sie bis Freitag formal angeklagt oder auf freien Fuß gesetzt werden, so der Anwalt laut dem ORF-Fernsehen. Alle drei Männer haben dem Anwalt zufolge nie an illegalen Aktivitäten teilgenommen. Offiziell sei nicht erklärt worden, warum die Männer festgenommen worden seien. Inoffiziell dürfte ihnen die Unterstützung terroristischer Organisationen vorgeworfen werden.

Reporter Ohne Grenzen und Journalistenvertreter fordern Freilassung

„Das ist auf das Schärfste zu verurteilen", reagierte die Präsidentin von „Reporter ohne Grenzen Österreich", Rubina Möhring, auf die Festnahme. Die Organisation fordert die unmittelbare Freilassung des Österreichers.

„Andere politische Meinungen dürfen nicht Grundlage für Verhaftungen oder Einschüchterungen sein. In der Türkei passiert das gerade aber zunehmend", sagte Möhring. Derzeit sitzen nirgends so viele professionelle Journalisten in Haft wie in der Türkei.

Auch Journalistenvertreter haben die Freilassung des österreichischen Journalisten und Studenten gefordert. Die Bundesregierung müsse ihre diesbezüglichen Bemühungen "umgehend (...) intensivieren", betonte die Vorsitzende der Gewerkschaft der Privatangestellten, Druck, Journalismus, Papier (GPA-djp), Barbara Teiber am Mittwoch.

"Herr Erdogan: Journalistische Recherchen über AKP und Kurden sind kein Verbrechen, sondern der Job von Journalisten - daher lassen Sie sofort unseren Kollegen frei", appellierte der Präsident des Österreichischen Journalisten Clubs (ÖJC), Fred Turnheim, an den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan. Dieser habe sich mit dem österreichischen Journalisten "eine neue Geisel geholt". "Öffentlich vorgetragene Kritik an einem Regime darf kein Grund für politische Repression oder gar Haft sein", betonte auch Teiber. Wie Turnheim wies auch sie darauf hin, dass es sich bei der Verhaftung nicht um den ersten Fall dieser Art handle und sprach von "politischer Willkür".

Auch die frühere Grüne Nationalratsabgeordnete Berivan Aslan stellte sich hinter den Österreicher. Ich kenne ihn als einen sehr klugen Studenten, als einen sehr klugen und aufgeklärten Journalisten und auch Autoren. Er ist seit Jahren in der Türkei aktiv und versucht die demokratischen Kräfte in der Türkei zu unterstützen", betonte sie am Dienstagabend in der "ZiB2" des ORF. Er gehöre zu jenen Menschen, "die für Demokratie, für Rechtsstaatlichkeit und für den Friedensprozess auch ihre Dienste leisten".

Politologe Schmidinger: "Sicher nichts mit Terrorismus zu tun"

"Entsetzt über Zirngasts Verhaftung zeigte sich auch dessen ehemaliger Professor Thomas Schmidinger. Er erinnere sich an Zirngast als einen "sehr klugen Studenten", sagte der Politikwissenschafter an der Uni Wien dem Standard. Zirngast habe demnach auch mit sozialen Bewegungen in der Türkei Kontakt gehalten und sei ein kritischer Beobachter des Regimes von Präsident Erdogan gewesen. "Aber er hat sicher nichts mit Terrorismus zu tun. Dass so jemand verhaftet wird, ist ein Zeichen für die autoritäre Entwicklung in der Türkei".

Die Türkei geht seit dem Putschversuch im Juli 2016 immer wieder auch gegen ausländische Staatsbürger vor. Die Festnahmen erfolgen meist wegen „Terrorverdachts". Dies sorgt auch für bilaterale Spannungen wie im Fall der deutschen Journalistin Mesale Tolu, des Welt-Reporters Deniz Yücel oder des US-Pastors Andrew Brunson. Die Türkei befindet sich auf der Rangliste der Pressefreiheit auf Platz 157 von 180 Ländern. Rund 150 Medienhäuser wurden laut ROG geschlossen und Massenprozesse.

(TT.com, APA)