Innenpolitik

Koalition ändert Kurs: Asylwerber dürfen Lehre doch nicht beenden

Vizekanzler Heinz-Christian Strache (l., FPÖ) mit Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP).
© APA

Abgelehnte Asylwerber, die bereits eine Lehre begonnen haben, dürfen diese doch nicht beenden. Diesen Kurswechsel hat die Regierung am Mittwoch verkündet. Ende August hatte man noch das Gegenteil geplant.

Wien – Die Regierung wird abgelehnten Asylwerbern nun doch nicht erlauben, eine begonnene Lehre abzuschließen. Das haben Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) und Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ) am Mittwoch vor dem Ministerrat bestätigt. Beide spielten den Ball weiter an die Gerichte und betonten, es stehe den Richterinnen und Richtern frei, betroffenen Lehrlingen humanitäres Bleiberecht zu geben.

Kritik von Wirtschaftskammer und Grünen

Der Generalsekretär der Wirtschaftskammer Österreich, Karlheinz Kopf, hat sich über die von der Regierung gefundene Linie, keine Sonderregelung für Asylwerber in Lehre zu schaffen, enttäuscht gezeigt. „Wir sind auch überrascht von dieser Entscheidung und bedauern sie natürlich sehr“, sagte er am Mittwoch im Ö1-“Mittagsjournal“. Er bot den Betroffenen rechtliche Beratung an.

Die Entscheidung scheine vonseiten des Innenministeriums unumkehrbar zu sein, betonte Kopf, der sich auch schon zuvor für Ausnahmeregelungen stark gemacht hatte. Die Wirtschaftskammer werde sich nun mit aller Kraft darauf konzentrieren, sowohl betroffene Betriebe als auch die Lehrlinge individuell zu beraten beim Beschreiten des Rechtsweges und der Beeinspruchung von negativen Bescheiden.

Erzürnt zeigte sich der grüne Landesrat aus Oberösterreich, Rudi Anschober, der sich mit seiner Initiative „Ausbildung statt Abschiebung“ für eine Regelung im Sinne der Flüchtlinge stark gemacht hatte. Die „Flucht“ der Regierung aus der Verantwortung sei „feig und ein Wortbruch“, sagte er in einer Aussendung. Eine „bösartige Ideologie“ gehe vor einer „Lösung der Vernunft“. Die Initiative werde genau kontrollieren, was mit den Betroffenen geschieht, kündigte Anschober an.

Neben Kopf zeigten sich auch andere ÖVP-Vertreter enttäuscht. So etwa Vorarlbergs Landeshauptmann Markus Wallner. Er ging – vor der Bekanntgabe der Regierung am Rande des Ministerrats – noch davon aus, dass es sich um keine endgültige handle und man noch zu einem guten Ende finde. Auch sein Salzburger Amts- und Parteikollege Wilfried Haslauer zeigte sich zuversichtlich, dass in der Sache noch nicht das letzte Wort gesprochen sei und weiter verhandelt werde.

Auch Oberösterreichs Landeschef Thomas Stelzer (ebenfalls ÖVP) zeigte sich enttäuscht, „dass für Asylwerber, die sich derzeit in einer Lehrausbildung befinden, keine Lösung mit Hausverstand gefunden wurde“. „Das ist offenbar am Innenministerium gescheitert. Ich verstehe diesen Kurs nicht, denn alle Unternehmen, die ich besuche, suchen händeringend nach Mitarbeitern“, so der Landeshauptmann.

Regierung setzt vorherige Ankündigung nicht um

Ende August hatte die Regierung angekündigt, die bis dato bestehende Möglichkeit für Asylwerber, auch ohne gültigen Aufenthaltstitel eine Lehre zu beginnen, abzuschaffen. Gleichzeitig kündigte die Koalition an, betroffenen Jugendlichen zu erlauben, eine bereits begonnene Ausbildung abschließen. „Jene Asylwerber, die jetzt schon eine Lehre machen, können diese fortsetzen, im Fall eines negativen Bescheids sind die rechtlichen Möglichkeiten zu prüfen, ob er die Lehre fertig machen kann, bevor er das Land verlässt“, hieß es damals.

Dies wird nun allerdings offenbar nicht geschehen. Das Innenministerium lehnt Ausnahmeregelungen in einer am Mittwoch publik gewordenen internen Stellungnahme ab. Kurz bekräftigte diese Linie vor der Regierungssitzung. Der Kanzler sagte, es wäre schwierig, eine Ausnahme für Lehrlinge zu schaffen, nicht aber für Schüler. Sowohl er als auch Strache spielten den Ball weiter an die Gerichte und meinten, diese könnten im Fall der Ablehnung von Asyl die Möglichkeit der Gewährung eines humanitären Bleiberechts prüfen.

Des weiteren will die Regierung verstärkt arbeitslose Asylberechtigte in die Lehre bekommen. „Details dazu werden im Rahmen des bevorstehenden Jobgipfels diskutiert“, so Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck (ÖVP) und Sozialministerin Beate Hartinger-Klein (FPÖ) in ihrem Vortrag zum Ministerrat. Sie hielten des weiteren fest: „Um in Zukunft klar zwischen Migration und Asyl zu unterscheiden, wird folgende Maßnahme ehestmöglich umgesetzt: Ende des Zugangs zur Lehre für Asylwerber durch Aufhebung der bestehenden Erlässe.“ Sprich, so lange es keinen positiven Asylbescheid gibt, soll es in Zukunft keinen Zugang zur Lehre geben.

Für Asylwerber mit bestehenden Lehrverhältnissen sei aber die Absolvierung der Lehre bis zum Ende des laufenden Asylverfahrens weiter möglich. Kommt es allerdings zu einem negativen Asyl-Bescheid, ist das Lehrverhältnis beendet und der Betroffene hat das Land zu verlassen.

Regierung will Asyl von Arbeitsmarkt trennen

Kurz betonte, die Regierung habe eine „akkordierte Regelung“ gefunden, Asyl von der Zuwanderung in den Arbeitsmarkt zu trennen. Dafür soll künftig ein eigener Aufenthaltstitel für Lehrlinge geschaffen werden. Konkret kündigte die Regierung an, Jugendlichen, die in Österreich einen Pflichtschulabschluss machen dürfen, die Möglichkeit zu geben, auch eine Lehre zu absolvieren. Dies soll Teil eines Zuwanderungs-Paketes sein, das am Mittwoch beschlossen wird und das u.a. auch die Regionalisierung der Mangelberufsliste bringen soll.

Wirtschafts- und Sozialministerium konkretisierten ihre Joboffensive, mit dem 100.000 Jobsuchende einen Arbeitsplatz finden sollen. Demnach soll, wie schon angekündigt, die Mangelberufsliste regionalisiert werden. Dies soll mit der nächsten Novelle der Liste erfolgen, die mit 1. Jänner 2019 in Kraft treten wird, wie es aus dem Wirtschaftsressort hieß.

Die Liste der Mangelberufe definiert jene Jobs, in denen Menschen aus Ländern außerhalb der EU legal in Österreich arbeiten dürfen. Wobei der Mangel recht unterschiedlich ist. In Tirol kamen im August auf 324 offene Stellen als Koch 120 arbeitslose Köche. In Wien standen 340 offenen Kochstellen 917 arbeitslose Köche gegenüber.

Rot-Weiss-Rot-Card soll unbürokratischer werden

Des weiteren wollen Wirtschafts- und Sozialministerium die Rot-Weiss-Rot-Card modernisieren. Diese ist laut Wirtschaftskammer zu bürokratisch. Nun soll bis Ende des Jahres Ergebnisse vorliegen, wie diese bürokratischen Hürden umschifft werden. So soll der Nachweis einer Unterkunft bereits bei der Antragstellung wegfallen und die Systematik des Punkteschemas (z.B. weniger starke Gewichtung auf das Alter) überarbeitet werden, so die Ministerinnen.

Personen, die sich zwecks eines Pflichtschulabschlusses legal im Land aufhalten, sollen eine Lehre absolvieren dürfen. Dafür werde eine eigene Kategorie für Lehrlinge (duale Ausbildung) geschaffen. (TT.com/APA)