Kneissl: „Frauen sind der Motor der Integration“
Der Expertenrat der Regierung fordert im Integrationsbericht 2018 neue Ansätze in der Sprachförderung. Bisherige Ansätze brachten demnach nicht die gewünschten Ergebnisse. SPÖ und NEOS kritisieren Kürzungen der Regierung im Intgrationsbereich.
Von Carmen Baumgartner-Pötz
Wien — Es braucht spezifische Fördermaßnahmen für Frauen, damit Integration gut funktioniert. Das ist eine Erkenntnis aus dem aktuellen Integrationsbericht (der 2018 zum 8. Mal erscheint), welcher heuer Frauen besonders in den Fokus rückt. Außen- und Integrationsministerin Karin Kneissl sieht Frauen in diesem Zusammenhang als „Motor der Integration. Sie nehmen eine besonders wichtige Rolle ein, da sie vor allem in patriarchalen Systemen die Verantwortung für Erziehung und Bildung der Kinder tragen", so die Ministerin bei der Präsentation des Berichts. Die Verpflichtung zur Teilnahme an Integrationsprogrammen habe dazu geführt, dass sich der weibliche Anteil verdoppelt habe. „Der Sprachkurs ist nur der erste Schritt", betonte Kneissl, der gesamte Integrationsprozess eher „ein Marathon als ein Sprint". Deshalb sei Sprachförderung in der Schule nur ein Aspekt, wenn auch ein wichtiger.
Dem Bericht zufolge haben rund ein Viertel aller Schüler österreichweit eine andere Umgangssprache als Deutsch, an Wiener Schulen sind es ganze 51 Prozent — in den NMS sogar 73 Prozent. Katharina Pabel, Vorsitzende des für das Kompendium zuständigen Expertenrats, hielt gestern fest, dass die bisherigen Ansätze zur Sprachförderung nicht die gewünschten Ergebnisse erzielt hätten. Deshalb begrüße man den neuen Ansatz mit den nun an den Start gegangenen Deutschförderklassen im Sinn von Einfluss auf den Bildungserfolg.
Warum auch viele Zugewanderte der zweiten Generation Deutsch nicht als Muttersprache verwenden, dafür hat Kneissl zumindest einen Mitschuldigen ausgemacht: den Fernseher, in vielen Haushalten auch eventuell kulturbedingt ein „Ersatz für die Feuerstelle". Habe es früher nur österreichische
deutsche Sender gegeben, so könnten Menschen mit Migrationshintergrund mittlerweile aus einer immensen Auswahl internationaler Fernsehsender wählen. Dabei wäre es wichtig, nach dem Erwerb der Sprache den nächsten Schritt zu setzen: „Wir haben die Strukturen geschaffen, in die sich jeder integrieren kann." Die Ministerin empfahl in diesem Zusammenhang, Ausflüge zu unternehmen.
Stephan Marik-Lebeck von der Statistik Austria, der das Zahlen-Unterfutter für den Bericht aufarbeitete, stellte die subjektive Sichtweise von Integration in Österreich dar: Für das zeitgleich mit dem Bericht erscheinende Statistische Jahrbuch Migration & Integration ließ man die Meinung der Bevölkerung erheben. Das erfreuliche Ergebnis: Seit der ersten Befragung 2010 stieg die Zuversicht, dass Integration funktioniere. Migranten können sich zudem mehr und mehr mit ihrer neuen Heimat identifizieren. 92 Prozent gaben an, sich in Österreich völlig oder eher heimisch zu fühlen.
Details
- Im Integrationsbericht wird auch eine allgemeine Übersicht über aktuelle Migrationsströme gegeben. Der Zuzug nach Österreich ist 2017 im Vergleich zu 2016 gesunken, der Bevölkerungsanteil von Menschen mit Migrationshintergrund in Österreich ist in den vergangenen 10 Jahren von 16 Prozent auf 23 Prozent gestiegen. Das entspricht fast zwei Millionen Personen.
- Mit 2,8 Asylanträgen je 1000 Einwohner lag Österreich 2017 proportional zu seiner Bevölkerung an fünfter Stelle aller EU-Mitgliedsstaaten.
- Ein Blick auf die Zahlen zur Bedarfsorientieren Mindestsicherung zeigt, dass die Hälfte aller Bezieher 2017 eine ausländische Staatsangehörigkeit aufwies. Unter den ausländischen Staatsangehörigen stellten Asyl- und Subsidiär Schutzberechtigte mehr als die Hälfte (55 Prozent) aller Bezieher. Eine Besonderheit des aktuellen Integrationsberichts strich die Vorsitzenden des Expertenrats, Katharina Pabel, hervor. Erstmals stehe dem Gremium das sogenannte Integrationsmonitoring zur Verfügung. Dadurch werden die unterschiedlichen vorhandenen Daten verknüpft.