Architektur

Platz für Räume der Toleranz

© Thomas Boehm / TT

Wechsel beim Innsbrucker Gestaltungsbeirat: Den Wiener Architekten Ernst Beneder beerbt der Schweizer Dieter Jüngling.

Von Edith Schlocker

Innsbruck –„Innsbruck ist stolz auf seine Wettbewerbskultur“, sagte BM Georg Willi gestern anlässlich der Verabschiedung des alten bzw. der Installation des neuen Innsbrucker Gestaltungsbeirats. Die nicht zufällig im Haus der Musik stattfand, ist dieses doch das Ergebnis eines von mehr als 200 Wettbewerben, die in den vergangenen 20 Jahren durchgeführt wurden. Und dass fast alle Siegerprojekte auch realisiert wurden, darauf ist Willi besonders stolz. Was Innsbruck zu einer „Hauptstadt zeitgenössischer Architektur“ gemacht habe, „jedenfalls in unserer Liga“, wie der BM einschränkt.

Was nicht zuletzt auch das Verdienst des von vielen herbeigesehnten Gestaltungsbeirats ist, dessen nach fünf Jahren scheidender Vorsitzender, der Wiener Architekt Ernst Beneder, den Beirat als für die Baukultur im Land wichtiges „Instrument der Qualitätssicherung“ versteht. Um „vieles zu verhindern, dem Besseren zum Durchbruch zu verhelfen“. Was oft keine einfache Aufgabe sei, so Beneder.

Wobei es nicht in erster Linie um baukünstlerische Ästhetik, sondern um das große Ganze von Stadt gehe. Um die Frage, wie eine ständig wachsende Stadt, wie Innsbruck eine ist, gelingen kann, hat sich in den letzten fünf Jahren der vierköpfige Beirat bemüht. Die Funktionen von Ernst Beneder als Vorsitzendem und seiner Stellvertreterin, der Landschaftsplanerin Heike Langenbach, erben die bisherigen Beiratsmitglieder, der Schweizer Architekt Dieter Jüngling und seine Wiener Kollegin Anna Popelka. Neu im Beirat sind die Landschaftsplanerin Marie-Theres Okresek und Andreas Cukrowicz. Beneder wird dem Beirat weiter als Ersatzmitglied zur Verfügung stehen.

Für ihn hat sich in den fünf Jahren seiner Tätigkeit in Innsbruck die Arbeit des Beirats zunehmend von einer „architektonischen Mindestsicherung“ hin zu einem breiten Diskurs in Sachen Baukultur verschoben. Denn „es geht primär nicht um das singuläre Bauwerk, es geht um Volumina, um Maßstäblichkeit“, sagt Beneder, und „es darf nicht an der Landschaft vorbeigebaut werden“.

Wichtig seien das Weiterbauen im Bestand, das Wahrnehmen städtebaulicher Chancen, die ganzheitliche Betrachtung großer Areale. Viele Projekte, etwa rund um den Sillpark, die Südtiroler Siedlung, den Frachtenbahnhof oder das Zeughaus, stünden diesbezüglich in der Warteschleife, so Beneder, mit der Chance, ganze Stadtstücke neu zu denken, nachhaltig für die Zukunft zu entwickeln. Beneder glaubt, dass die Zwischenräume, der öffentliche Raum, immer mehr zum Thema werden sollten. „Kreativität ist da gefragt, Chancen müssen erkannt, Klischees aufgegeben werden“, damit „Räume der Toleranz“ entstehen können.

Enttäuschend ist für den scheidenden Vorsitzenden des Innsbrucker Gestaltungsbeirats, „mit welcher Gleichgültigkeit oft an Projekte“ herangegangen wird. Da sei es schon ein Erfolg, dass bisweilen, etwa beim Schlachthofblock oder beim Projekt am Südring, immerhin Zeit zum Nachdenken über neue Argumente gewonnen worden sei.

Verwandte Themen