Weltpolitik

Trumps Welt: Jeder kämpft für sich

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Der US-Präsident hat vor den Vereinten Nationen für eine Zukunft mit getrennten Nationen plädiert.

Von Floo Weissmann

New York –Richtig ungemütlich ist es in New York zum Start der UNO-Generaldebatte. Es schüttet, an manchen Straßenecken taucht das feine Diplomatenschuhwerk in tiefe Pfützen. Vor dem UNO-Hauptquartier machen Fernsehleute ihre Aufsager in Plastikhüllen. Hundertschaften der Polizei haben das ganze Viertel abgeriegelt und scannen mit strengem Blick die Zutrittskarten der Vorbeieilenden.

Drinnen im Sitzungssaal geht es kaum behaglicher zu. Der Regen prasselt hier auf die Weltpolitik nieder in Gestalt von US-Präsident Donald Trump. Vergeblich hatte UNO-Generalsekretär Antonio Guterres in seiner Eröffnungsrede gewarnt, dass Vertrauen in der Welt verlorengeht, und gefordert, das multilaterale System zu reformieren und zu stärken. Eine gute Stunde später tritt Trump ans Rednerpult und erteilt dem Multilateralismus eine Absage.

Inhaltlich sagt der US-Präsident wenig Neues, aber er fasst seine „America first“-Politik in geballter Form zusammen. Die USA würden ihre Unabhängigkeit immer einer Kontrolle durch die globale Ordnung vorziehen. Amerika werde von Amerikanern regiert, sagt er. „Wir lehnen die Ideologie des Globalismus ab.“ Stattdessen empfiehlt er eine Zukunft, in dem jeder seinem eigenen Patriotismus und Nationalstolz frönt.

Die Folgen: Der Weltstrafgerichtshof habe keine Legitimität, sagt Trump. UNO-Organisationen entzieht er Geld, wenn sie Amerika nicht zu Willen sind. Aus den Verhandlungen über ein globales Abkommen zur Migration steigen die USA aus, weil sich darum jedes Land selber kümmern solle. Auslandshilfe gibt es nur noch für Länder, „die uns respektieren“. Und jene, die unter militärischem Schutz der USA stehen, sollen zumindest indirekt dafür bezahlen – etwa durch niedrigere Ölpreise.

Auch zum Thema Welthandel legt er nach. Amerika werde nicht länger tolerieren, „dass unser Reichtum geplündert wird“. Trump berichtet zugleich von neuen Strafzöllen gegen China, auch wenn er für dessen Staatschef, „meinen Freund Xi“ Jinping, großen Respekt habe.

Trump feuert auch die erwartete Breitseite gegen den Iran ab. Er spricht von einer korrupten Diktatur und einer Führung, die – in Trumps Worten – in der Region Chaos sät, die Ressourcen des Landes ausplündert, Kriege führt und Terrorismus unterstützt. Er übe deshalb wirtschaftlichen Druck auf den Iran aus, und er fordert die Weltgemeinschaft auf, den Iran zu isolieren.

Die Welt hält sich allerdings nicht daran. Fast zeitgleich mit Trumps Rede stellte die EU gestern eine Initiative vor, mit der die US-Sanktionen umgangen werden sollen (siehe Kasten). Irans Präsident Hassan Rohani sollte ebenfalls noch am Dienstag vor der UNO sprechen. Seine Rede hatte bei Redaktionsschluss noch nicht begonnen.

Auch andere Staatenlenker sprachen bereits am ersten Tag der UNO-Generaldebatte. Etwa der Franzose Emmanuel Macron, der forderte, keine Handelsverträge mehr abzuschließen mit Staaten, „die das Pariser Klimaabkommen nicht respektieren“, oder der Türke Recep Tayyip Erdogan. Aber die größte Aufregung produzierte wieder einmal der Präsident der Supermacht, die die Welt nicht mehr führen will.

Trump zieht bei der UNO-Woche auch heute die Aufmerksamkeit auf sich. Er will persönlich eine öffentliche Sitzung des Weltsicherheitsrats leiten, in dem die USA im September turnusmäßig den Vorsitz führen. Folglich werden auch die meisten anderen Mitglieder des mächtigsten UNO-Gremiums zumindest auf der Ebene von Regierungschefs vertreten sein. Offiziell geht es dabei allgemein um die Nicht-Weiterverbreitung von Atomwaffen. Doch Trump will vor allem den Iran vorführen. Sollte er das tun, droht ein offener Schlagabtausch mit den europäischen Alliierten.

Auch für heute ist in New York wieder Regen angesagt.

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