Zwei Siebenjährige aus Kinderhort in Breitenwang ausgebüxt
Direkt am reißenden Lech wurden zwei Ausreißerinnen entdeckt. Eine Mutter ist empört, die Hortleitung reagiert mit einem Notfallplan.
Von Helmut Mittermayr
Breitenwang, Reutte –Im Kinderhort „2gether“ im Notburgahaus in Breitenwang, dem größten im Bezirk Reutte, werden derzeit 100 Kinder und Jugendliche von null bis 14 Jahren betreut. Unter ihnen auch zwei siebenjährige Mädchen, denen es im dazugehörigen Garten zu langweilig geworden war – erzählten sie den Eltern bei späteren Befragungen. Jedenfalls nutzten sie einen unbeobachteten „Moment“, um eine mehr als zweistündige Runde durch Breitenwang und Reutte zu starten. Nach Geschäfts- und Bekanntenbesuchen steuerten die Mädchen schließlich den Lech an, wo sie sich auf einem kleinen Dammvorsprung in direkter Nähe zum reißenden Wasser niederließen und Schuhe und Socken schon ausgezogen hatten, um durchs Wasser auf die andere Seite zu waten.
Mittlerweile war die Abgängigkeit der Kinder gegen halb vier aufgefallen. Laut „2gether“-Geschäftsführerin Renate Deutsch-Krismer spätestens fünf Minuten nach dem wahrscheinlichen Verschwinden, da die Cousinen bei der Nachmittagsjause gefehlt hätten. Da sich die beiden schon öfter im Haus versteckt hätten, sei zuerst der Hort, erst später die umliegende Gegend mit Autos abgesucht worden. Als die erste Mutter ihr Kind um 16.15 Uhr vom Hort holen wollte, erklärte man ihr die Problematik.
Die zweite – nun weit empörtere – Mama wurde erst eine weitere Stunde später verständigt. Sie schaltete sofort die Polizei ein, die von der Hortleitung noch nicht um Assistenz ersucht worden war. Durch Zufall wurden die Kinder dann um 17.40 Uhr von einer Verwandten entdeckt, die mit dem Auto die Lechaschauer Brücke querte und flussaufwärts blickte.
Die spät verständigte Mutter hat ihre Tochter inzwischen schwer verärgert aus dem Hort genommen: „Ich habe stundenlang nichts erfahren, es gab keine Entschuldigung, nichts sei falsch gemacht worden. Mein Vertrauen ist erschüttert.“ Sie hat die Siebenjährige nun in einer Einrichtung in Reutte untergebracht.
Deutsch-Krismer erklärt, dass die beiden Mädchen schon Jahre im Haus seien und man sich immer auf sie verlassen habe können. „So etwas war durch nichts vorhersehbar, kann aber leider passieren. Wir sperren auch niemanden ein, was schon aus Brandschutzgründen undenkbar wäre.“ Die „2gether“-Geschäftsführerin räumt ein, dass sie die Aufregung der Eltern verstehe. „Sie haben mein Mitgefühl. Jeder, der Kinder hat, weiß, was in ihnen vorgegangen ist. Auch wir waren geschockt.“ Dass der „Ausflug“ auch von anderen als nicht so schlimm eingeschätzt wurde, zeigt laut Deutsch-Krismer, dass die Kinder auf dem Weg zum Lech zumindest zweimal mit Erwachsenen ins Reden gekommen waren, aber niemand einen Grund sah einzuschreiten. Sogar Lutscher und Ringe hätten sie geschenkt bekommen. Nach einer Teambesprechung gebe es nun aber ein Notfallplan-Update: etwa, dass parallel zum Haus sofort mit dem Auto die nähere Gegend abgesucht wird. Auch, dass Eltern spätestens 20 Minuten nach Bekanntwerden einer Abgängigkeit verständigt werden. Der Vorfall war nicht der erste gleichgelagerte bei „2gether“.