Tirol

Medizinstudium: Für Südtiroler zählt nur Innsbruck

Zum Sparen gezwungen: Allgemeinmediziner in Ausbildung verdienen sehr viel weniger als zuvor im Spital.
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468 Junge beginnen am Montag ein Medizinstudium in Innsbruck. Um möglichst viele davon später für die heimische Patientenversorgung zu gewinnen, ist laut Uni die Politik gefordert.

Von Gabriele Starck

Innsbruck –Entwicklungen, die dem landläufigen Eindruck widersprechen, kann die Medizin-Universität Innsbruck zu Semesterbeginn vermelden. So fällt die Zahl der Studienanfänger aus Deutschland geringer aus, wenn man sich die Österreicher-Quote im Detail anschaut. Zudem wird Medizi­n immer weibliche­r. Und: Dass zu wenig Absolventen Allgemeinmediziner werden, hängt u. a. mit dem Lohnverlust nach der Basis­ausbildung zusammen.

Für die Humanmedizin nimmt Innsbruck 394 Studierende neu auf. Das sind 34 mehr als vorgeschrieben, „um die zu erwartenden 10 Prozent Schwund im ersten Jahr auszugleichen“, erklärt der Vizerektor für Studienangelegenheiten, Peter Loidl. Von diesen knapp 400 Erstsemestrigen sind 227 aus Österreich, davon wiederum 124 aus Tirol. Aber nicht nur die Österreicher fallen in die Einheimischen-Quote von 75 Prozent. Auch Luxemburger (4), Liechtensteiner (1) und natürlich die Südtiroler (65) zählen dazu.

Das wirkt sich übrigens vor allem in Innsbruck zulasten des Österreicher-Anteils aus. Denn die Südtiroler gehen fast ausschließlich nach Nordtirol, um Medizin zu studieren. Für die Unis in Wien, Graz und Linz melden sich äußerst selten Bewerber, obwohl sie dort die gleichen Chancen haben. Letztlich führe das dazu, dass insgesamt weniger Südtiroler einen Studienplatz für Medizin erhalten, gibt Loidl in Richtung Bozen zu bedenken.

Den 70 Quasi-Österreichern werden am Montag 99 Deutsch­e gegenüberstehen. Aus anderen EU-Ländern oder gar von weiter her kommt niemand. Internationalität sieht anders aus. Für die Gesundheitsversorgung ist das allerdings von Vorteil, denn so steigt die Chance, dass die Mediziner nach dem Abschluss der heimischen Patientenversorgung zur Verfügung stehen. Mit dem Vorurteil, dass die Deutschen nach dem Studium das Land wieder verlassen, räumt Loid­l auch auf. „Das ist ein Märchen.“ Insgesamt seien heuer 80 Prozent der Absolventen in Österreich geblieben.

Dafür werde die Medizin immer weiblicher, sagt der Vizerektor: „In zwei, drei Jahren sind 70 Prozent der Medizin studierenden Frauen. Das hat Konsequenzen für das Gesundheitssystem.“ Steige der Anteil der Ärztinnen, seien vermehrt Teilzeitmodelle gefragt, um den Spitalsdienst attraktiv zu halten.

Überhaupt sei die Politik gefordert und keineswegs die Universitäten, um Lücken in der ärztlichen Versorgung zu verhindern. „Österreich liegt mit der Zahl der Studienplätze an öffentlichen Unis im europäischen Spitzenfeld.“ Bei 8,8 Millionen Einwohnern gebe es 1680 Plätze. In Deutschland hingegen stünden bei 83 Millionen Einwohnern nur 11.000 Studienplätze zur Verfügung.

Dafür fehlt es massiv an Stellen für die verpflichtende neunmonatige Basisausbildung nach der Universität. „Hier ist der Flaschenhals, und er wird künftig noch enger“, warnt Loidl. Um das Interesse der Jungen für Allgemeinmedizin zu erhöhen, wäre es neben der Aufwertung zum Fach nötig, wie in Salzburg den Allgemeinmedizinern in Ausbildung Nachtdienste im Spital zu ermöglichen, damit sie die Verdiensteinbußen im Vergleich zur Basis­ausbildung abfedern können.

Dennoch wolle sich die Uni nicht aus der Verantwortung stehlen: „Wir werden dem Land eine Möglichkeit präsentieren, die Medizinerausbildung in Richtung Allgemeinmedizin zu forcieren“, sagt Loidl. In Zusammenarbeit mit peripheren Krankenhäusern übrigens. „Wir verschließen uns der vom Land geplanten Medical School nicht. Aber es geht auch ohne.“

Andere Studien

Zahnmedizin. Das Studium der Zahnmedizin ist seit einigen Jahren von der Humanmedizin abgekoppelt. Hier werden pro Jahr 40 Plätze vergeben. „Mehr wäre unmöglich“, sagt Peter Loidl vom Rektorat. Hier stellen die Männer noch die Mehrheit mit 27 zu 13 Frauen. Insgesamt beginnen 24 Österreicher mit Zahnmedizin, sechs Südtiroler und zehn Deutsche.

Molekularmedizin. Die Medizin-Uni bietet seit sieben Jahren ein maßgeschneidertes Studium an mit dem Ziel, Nachwuchs für die eigene medizintheoretische Forschung auszubilden. Doch schon das Bachelorstudium ist so anerkannt, dass mehr als die Hälfte der Absolventen ihren Master dann an anderen Unis im Ausland machen können, weil sie dort mit Handkuss genommen werden, beklagt Vizerektor Loidl: „Das war nicht im Sinne des Erfinders.“ Doch die Medizin-Uni kann ja weiterhin auf die Naturwissenschafter der Stamm-Universität zurückgreifen. Die 32 Studienplätze teilen sich heuer auf 21 Österreicher, sechs Südtiroler und fünf Deutsche auf. (sta)

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