Notarztverein Vorderes Zillertal: Gemeinsam hilft es sich leichter
Sie sind Notärzte und Sprengelärzte in Personalunion, die neun Ärzte im Notarztverein Vorderes Zillertal. Das tirolweit einzigartige System hat viele Vorteile und sichert die medizinische Versorgung am Land.
Von Angela Dähling
Kaltenbach –Beim „Sprengelarzt“ krankt es vielerorts. Nicht zuletzt, weil es immer weniger Ärzte gibt, die diese Aufgabe übernehmen können und wollen. Im vorderen Zillertal hat man für dieses Problem bereits vor sechs Jahren eine Lösung gefunden. „Sie ist tirolweit noch immer einzigartig und hat sich inzwischen bestens bewährt“, erklärt der Initiator und Allgemeinmediziner Alexander Binder. „Wir haben nämlich dafür den Notarztverein Vorderes Zillertal gegründet. Ziel ist es, in Zeiten des Ärztemangels am Land junge, motivierte Mediziner zu gewinnen. Denn sie können sich durch den Notarztdienst ein zweites Standbein aufbauen“, sagt Binder.
Zudem werde durch den Ärztepool die medizinische Versorgungssicherheit gewährleistet. Denn über den Verein wird von derzeit neun Ärzten rotierend nicht nur der Notarztdienst von Strass bis Aschau absolviert, sondern auch jener des Sprengelarztes von Bruck bis Uderns. Die Mitglieder sind also Not- und Sprengelarzt in Personalunion und haben für beides die nötige Ausbildung. Das hat viele Vorteile. „Ein Notarzt kann beispielsweise keine Selbstmordgefährdeten einweisen. Das darf juristisch nur ein Sprengelarzt“, erklärt Binder. Bei Großeinsätzen seien mitunter Regionen ohne Notarzt: weil es in einigen anderen Gebieten nur einen Notarzt gibt und der dann einsatzbedingt vor Ort fehlt. Das Notarztsystem im vorderen Zillertal wurde bereits 1996 als eines der ersten im Land ins Leben gerufen. Den Notarztdienst zahlt das Land Tirol, zudem gibt es von der Krankenkasse eine Einsatzpauschale. Für alle Patienten ist die notärztliche Versorgung gratis – die Krankenkassen übernehmen die Kosten.
Über den „Notarztverein Vorderes Zillertal“ werden u. a. ein geländegängiges Allradfahrzeug, Benzin und auch eine kleine Wohnung für einzelne auswärtige Ärzte, die vorrangig am Wochenende Dienste übernehmen, finanziert. Kosten, die anderswo die einzelnen Ärzte selbst tragen. „Das Geld dafür generieren wir aus dem Sprengelarztgehalt. Die Hälfte davon stecken wir in den Verein, was übrig bleibt, wird am Jahresende aliquot ausbezahlt“, erklärt Binder das System. Ohne eine Portion Idealismus funktioniere das natürlich nicht, räumt er ein. Die mitwirkenden Ärzte kommen aus unterschiedlichen Fachgebieten. „In der Regel sind es einheimische Ärzte, die sich in der Region auskennen. Etliche sind seit mehr als zehn Jahren als Notärzte tätig“, sagt Binder. Er selbst ist rund fünfmal im Monat im Notarztdiensteinsatz – meistens mittwochs. „Da habe ich dann keine Terminordination und die Patienten wissen, dass ich möglicherweise wegen eines Notfalls wegmuss“, erklärt der Wahlarzt.
Dass das System die Versorgungssicherheit gewährleistet sowie ein Gewinn für die Bevölkerung und die Gemeinden ist, bestätigt Fügens Bürgermeister Dominik Mainusch. „Wir haben ein Riesenglück, dieses System zu haben, denn es funktioniert hervorragend. Es ist strukturell schlanker, effizienter und kostengünstiger als manch andere Systeme und dabei qualitativ um nichts schlechter“, sagt Mainusch.