US-Kongresswahl - Die größten Midterm-Desaster

Washington (APA) - Die politische Normalität in den USA lautet „Divided Government“. Selbst wenn die Wähler einen Präsidenten mit einer Mehr...

Washington (APA) - Die politische Normalität in den USA lautet „Divided Government“. Selbst wenn die Wähler einen Präsidenten mit einer Mehrheit im Kongress ausstatten, nehmen sie ihm diese irgendwann zumindest teilweise wieder weg. Einige Präsidenten wie Bill Clinton erwischte es dabei besonders arg. Nach desaströsen Zwischenwahlen büßte er schon zwei Jahre nach Amtsantritt die Kontrolle im Kongress ein.

Neben Clinton mussten auch die vier weiteren unmittelbaren Vorgänger von US-Präsident Donald Trump zeitweise gegen eine oppositionelle Mehrheit im Kongress regieren. Jimmy Carter (1977-81) war der letzte Präsident, dessen Partei durchgehend Senat und Abgeordnetenhaus kontrollierte. Am besten hatte es noch George W. Bush (2001-2009), der die Kontrolle über den Kongress erst nach sechs von acht Amtsjahren verlor.

Der Inbegriff des Midterm-Desasters ist die erste Zwischenwahl von BILL CLINTON (1993-2001). Der im Jahr 1992 als jugendlicher Hoffnungsträger gewählte und mit einer Mehrheit in beiden Kongresskammern ausgestattete Südstaaten-Demokrat schlug schon 1994 ganz hart auf dem politischen Boden auf. Die Demokraten verloren acht Senatoren und 54 Abgeordnete an die oppositionellen Republikaner, die damit zum ersten Mal seit 1952 das Repräsentantenhaus eroberten. Clinton wurde damals vor allem die gescheiterte Gesundheitsreform zum Verhängnis. Vom erzkonservativen Parlamentspräsidenten Newt Gingrich angeführt, zwangen die Republikaner Clinton eine wirtschaftsliberale Politik auf, die mit massiven Kürzungen im Sozialsystem einherging. Clinton konnte sich damit politisch retten. Er gewann 1996 die Präsidentenwahl, die Demokraten konnten den Kongress aber bis zum Ende seiner Amtszeit nicht mehr zurückerobern.

Anders als Clinton konnte BARACK OBA (2009-2017) seine große Gesundheitsreform durchbringen, doch sorgte er damit auch für eine Mobilisierung der Republikaner bei den Zwischenwahlen 2010. Wieder hatte diese politische Bewegung eine erzkonservative Note. Sie nannte sich „Tea Party“, in Anlehnung an den Bostoner Steueraufstand gegen die einstigen britischen Kolonialherren. Die Demokraten verloren 63 Abgeordnete und die Kontrolle des Repräsentantenhauses, den Senat konnten sie nach dem Verlust von sechs Sitzen gerade noch halten. Dieser ging dann bei der zweiten Zwischenwahl 2014 an die Oppositionspartei. In seinen letzten beiden Amtsjahren wurde Obama zur „lahmen Ente“ und verlegte sich auf die umstrittene Strategie, den Kongress mittels Dekreten zu umgehen.

Obamas Vorgänger GEORGE W. BUSH (2001-2009) hatte eine deutlich bessere Zwischenwahl-Bilanz. Wegen seines Popularitätshochs nach den Terroranschlägen des 11. September konnten die Republikaner bei dessen ersten Midterms im Jahr 2002 sogar um acht Abgeordnetensitze zulegen, was der Präsidentenpartei im 20. Jahrhundert nur bei drei Zwischenwahlen (1902, 1934 und 1998) gelungen war. Vier Jahre später musste aber auch Bush eine deutliche Zwischenwahl-Niederlage hinnehmen, infolge des Irak-Kriegs und des Missmanagements nach dem Hurrikan Katrina. Die Demokraten gewannen beide Häuser des Kongresses, die Kalifornierin Nancy Pelosi wurde erste weibliche Parlamentsvorsitzende, zwei Jahre später folgte bei der Präsidentenwahl mit Barack Obama der erste nicht-weiße Präsident.

Blickt man weiter zurück, findet man noch deutlichere Zwischenwahl-Niederlagen. Und einige der solcherart bestraften Präsidenten werden heute zu den erfolgreichsten der Geschichte gezählt. FRANKLIN D. ROOSEVELT (1933-45) verlor 1938 sieben Senatoren und 72 Abgeordnete, wurde zwei Jahre später aber mit deutlicher Mehrheit wiedergewählt. Bei der Zwischenwahl 1942 mussten die Demokraten aufgrund der Kontroverse um den Kriegseintritt der USA dann wieder massiv Federn lassen und büßten acht Senatoren sowie 45 Abgeordnete ein.

Eine der größten Midterm-Niederlagen der jüngeren Geschichte traf im Jahr 1946 Roosevelts Nachfolger HARRY S. TRUMAN (1945-53). Nachdem die Arbeitnehmer das ganze Jahr lang mit ausgedehnten Streiks aufbegehrt hatten, erhielten Trumans Demokraten einen gewaltigen Denkzettel bei der Kongresswahl: Zwölf Senatoren und 54 Abgeordnete gingen verloren, und die Republikaner übernahmen nach zwei Jahrzehnten erstmals wieder beide Parlamentskammern. Zur „lahmen Ente“ wurde Truman aber nur vorübergehend. 1948 gewann er die Präsidentenwahl und die Kontrolle über beide Parlamentskammern, die er auch bis zum Ende seiner zweiten Amtszeit verteidigen konnte.

Trumans republikanischer Nachfolger DWIGHT D. EISENHOWER (1953-61) musste sechs seiner acht Präsidentenjahre gegen einen demokratischen Kongress regieren. Am schwersten erwischte es ihn bei den zweiten Zwischenwahlen 1958. Die Republikaner verbuchten mit 13 verlorenen Senatssitzen den größten Rückschlag in der kleineren Parlamentskammer im 20. Jahrhundert. Auch 48 Abgeordnetensitze gingen verloren. An den politischen Verhältnissen änderte sich freilich wenig, da die Demokraten schon seit 1955 im Kongress am Drücker waren.

Schmerzliche Zwischenwahlniederlagen setzte es auch für GERALD FORD und LYNDON B. JOHNSON, deren Präsidentschaften zwei Jahre später endeten. Der nach dem Rücktritt von Richard Nixon ins Amt gelangte Ford bekam im Jahr 1974 die Nachwirkungen der Watergate-Affäre zu spüren (vier Senatoren und 48 Abgeordnetensitze weniger) und musste zusehen, wie die ohnehin schon dominierenden Demokraten ihre Mehrheiten in beiden Parlamentskammern deutlich ausbauten. Zwei Jahre später stand Ford dann auch bei der Präsidentenwahl gegen Jimmy Carter auf verlorenem Posten. Johnsons Demokraten verloren im Jahr 1966 wegen der wachsenden Unzufriedenheit mit dem Vietnam-Krieg drei Sitze im Senat und 47 Abgeordnetenmandate, behielten aber ihre jeweiligen Mehrheiten. Allerdings stieg der innerparteiliche Druck auf Johnson in der Folge derart, dass er 1968 auf eine neuerliche Präsidentschaftskandidatur verzichtete.

Der größte Einzelverlust der vergangenen 100 Jahre im Abgeordnetenhaus geht auf das Konto des Republikaners WARREN G. HARDING (1921-23). 77 Sitze musste seine Partei bei der Zwischenwahl 1922 abgeben, doch hatte dies vor allem mit der zuvor erfolgten Spaltung der Regierungspartei zu tun. Im Senat verlor Hardings Partei lediglich sechs Sitze. Die politischen Folgen der Schlappe waren gering, konnten die Republikaner doch ihre Mehrheit verteidigen. Ähnlich glimpflich kam die „Grand Old Party“ unter ihrem Präsidenten HERBERT HOOVER im Jahr 1930 davon, als ein durch die Wirtschaftskrise ausgelöster Verlust von acht Sitzen im Senat und 52 Sitzen im Repräsentantenhaus nicht für einen Machtwechsel im Kongress reichte. Zwei Jahre später war es freilich so weit, als der Demokrat Roosevelt die Präsidentenwahl gewann.

(Grafik zur Kontrolle von Weißem Haus, Senat und Repräsentantenhaus seit 1981: Nr. 1078-18, 88 x 142 mm)