Auch den Reformierten in der Schweiz ist die Ökumene ein Anliegen

Zürich (APA) - Den Evangelischen Kirchen Europas (GEKE) sei die Ökumene ein Anliegen, betont Gottfried Locher, der Präsident des Kirchenbund...

Zürich (APA) - Den Evangelischen Kirchen Europas (GEKE) sei die Ökumene ein Anliegen, betont Gottfried Locher, der Präsident des Kirchenbundes, in Zürich. „Der Dialog mit dem Vatikan ist ein Gütesiegel für die GEKE.“ Auch mit dem Lutherischen Weltbund bestehe ein Dialog. Der katholische Generalvikar für Zürich, Josef Annen, spricht von einem „kritischen, offenen Glauben“, der in der Schweiz gelebt werde.

Zur aktuellen Lage der Reformierten merkt der GEKE-Präsident gegenüber Journalisten selbstkritisch an: „Wir verhalten uns weiter wie Monopolisten.“ Obwohl die Zahl der Kirchenaustritte steige, einschließlich vieler „kalter Austritte“ - also wenn ein Schweizer den Kanton wechselt und sich bei der neuen Kirchengemeinde nicht anmeldet. Eine Zunahme - durch Immigration - verzeichnen dagegen die Katholiken und auch die Orthodoxen.

Die Schweizer hält Locher für „säkularer als die Deutschen und die Österreicher“. Der GEKE-Präsident ist aber auch der Auffassung, dass durch den Ansturm von Muslimen in Europa das Zugehörigkeitsgefühl zu den Kirchen generell stärker geworden sei. „Weniger Berührungsängste haben die Romands“, fügt er hinzu; in der französischen Schweiz ist der Katholikenanteil viel höher.

Aus der Sicht der katholischen Kirche sagt Generalvikar Annen - Zürich gehört zur Diözese Chur, die Schweizer hätten einen offenen Zugang zu ihrer Religion bzw. Kirche. Sie gehen nicht einfach aus Gewohnheit zur Messe. Viele ökumenische Einrichtungen leisten Dienste wie Beratung von Paaren, von Lehrlingen. An Schulen werde das Fach Kultur und Religion gelehrt; hier lernen Christen, Juden und Muslime von- und übereinander, „lernen gegenseitigen Respekt“. Doch von Kanton zu Kanton werde der Religionsunterricht unterschiedlich gehandhabt.

Nur wenige Religionsgemeinschaften werden in der Schweiz staatlich anerkannt. Reformierte und Katholiken gehören dazu, Orthodoxe und Freikirchen dagegen gelten offiziell als konfessionslos. Muslime werden anerkannt, bei den Juden eine Gemeinschaft, nicht aber die Ultra-Orthodoxen. Verlässliche Religionsstatistiken sind dementsprechend schwer zu erstellen. Von Problemen mit Islamisten redet in Zürich niemand. Allerdings hoben die Schweizer Behörden in Alpendörfern von Winterthur muslimische Indoktrinierungszentren aus, wie die Medien groß berichteten.

Nach der Reformation im 16. Jahrhundert durfte erst 1807 in Zürich wieder die erste katholische Messe gefeiert werden, erzählt Generalvikar Annen. Dann wurde die katholische Kirche öffentlich-rechtlich anerkannt. Heute rekrutieren sich die Katholiken in Zürich aus Zuzüglern, etwa aus Italien und Vorarlberg. 1956 bestellte der Vatikan einen eigenen Generalvikar für Zürich. Zwei Drittel bis drei Viertel der Ehen seien gemischt. Laut Annen präsentiere sich hier ein ganz anderer Katholizismus als in traditionell urkatholischen Gebieten der Schweiz. Eine eigene Diözese Zürich bleibt vorerst ein Wunschtraum. Für dieses Anliegen gebe es in den Urschweizer Kantonen keine Solidarität, so der Generalvikar im Klartext.

Auf zwei interessante Themen verweist der Kirchenmann im Gespräch. Die katholische Bischofskonferenz sprach sich gegenüber dem Bundesrat gegen Waffenlieferungen an Krieg führende Staaten aus wirtschaftlichem Interesse aus. In Zürich werde anlässlich des Reformationsjubiläums eine Ausstellung über die Schattenseiten der Reformation gezeigt; dazu zählen die Verarmung von Frauen nach der Aufhebung von Klöstern und das Aufkeimen von Antisemitismus.

Gelebte Ökumene gibt es auch im Medienwesen. Das katholische Medienzentrum in Zürich, 2014 als Verbindungsbüro Kirche-Medien geschaffen, ist laut Direktor Charles Martig zu einer „nationalen Marke“ (kath.ch) geworden. Ähnliche Zentren gibt es nun auch in Lausanne und Lugano. Die Inhalte über Religion, Politik und Gesellschaft werden in Printmedien und in Online-Auftritten verbreitet. Eine Radio- und TV-Kooperation besteht mit dem staatlichen Sender SRG. Die Finanzierung erfolgt zu einem Drittel aus eigenen Mitteln.

Tür an Tür finden sich im gleichen Stockwerk die Büros der Reformierten Medien (ref.ch). Der Austausch von Informationen und Artikeln gehöre zum Alltag. Bei der Aufbereitung von Informationen für die Französisch- und die Tessin-Schweizer werde zusammengearbeitet, schildert Geschäftsführerin Pascale Huber. Es gelte, auch das Interesse von nicht religionsaffinen Menschen zu wecken. Das Medien-Team der Reformierten bedient ebenfalls Radio, TV und Online-Dienste.