Wirtschaft warnt vor Strompreisanstieg bei raschem Kohleausstieg

Düsseldorf (APA/AFP/dpa/Reuters) - Die deutsche Wirtschaft hat vor der heutigen Sitzung der Kohlekommission im rheinischen Braunkohlerevier ...

Düsseldorf (APA/AFP/dpa/Reuters) - Die deutsche Wirtschaft hat vor der heutigen Sitzung der Kohlekommission im rheinischen Braunkohlerevier vor steigenden Strompreisen im Falle eines schnellen Ausstiegs aus der Braunkohle gewarnt. Tausende Beschäftigte aus Kohle-Branche und Industrie haben sich vor der Tagung der Kohlekommission im rheinischen Revier mit einer Demonstration für ihre Jobs stark gemacht.

„Der in der Strukturkommission diskutierte schnellere Kohleausstieg würde die Strompreise noch einmal deutlich nach oben treiben“, sagte der stellvertretende Hauptgeschäftsführer des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK), Achim Dercks, den Zeitungen des Redaktionsnetzwerks Deutschland (RND) vom Mittwoch.

„Die strukturellen Nachteile hoher Stromkosten für die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Industrie verschärfen sich“, sagte Dercks und verwies dabei auch auf die Netzentgelte. Eine besondere Herausforderung ergebe sich darüber hinaus für die vom Braunkohleausstieg direkt betroffenen Regionen. Hier seien besonders viele energieintensive Betriebe angesiedelt. Laut DIHK wird der Anstieg der Preise für Energierohstoffe immer stärker zu einem Konjunkturrisiko. „Die hohen Öl-Lagerbestände der Niedrigpreisphase werden immer mehr abgebaut. Zudem steigt die Unsicherheit über die künftige Angebotssituation“, sagte Dercks den RND-Zeitungen.

Der Marktwert eines Barrels Öl der Sorte Brent habe im September 2018 rund 45 Prozent höher als im Vorjahresmonat gelegen. „Das trifft die deutsche Wirtschaft in Form steigender Kosten zum Beispiel für chemische Grundstoffe sowie für Treib- und Heizstoffe. Vor allem energieintensive Branchen - etwa im Bereich Glas, Keramik, Steineverarbeitung oder Metallerzeugung zeigten sich „angesichts der Preissteigerungen besorgt“, sagte Dercks. Laut der jüngsten DIHK-Konjunkturumfrage sieht inzwischen etwa ein Drittel der Unternehmen in der Entwicklung der Energie- und Rohstoffpreise ein aktuelles Geschäftsrisiko.

Tausende Beschäftigte aus Kohle-Branche und Industrie demonstrieren heute. Der Protestzug, der sich gegen einen schnellen Ausstieg aus der Braunkohle wandte, setzte sich am Mittwochvormittag in Bewegung. Ein Sprecher der Gewerkschaft IG BCE sprach von „mindestens 10.000“ Menschen, die auf die Straße gegangen seien. Auf Schildern waren unter anderem die Sprüche „Hambi muss weg“ und „Baggi bleibt“ zu lesen - das spielte auf den Konflikt um die mögliche Rodung des Hambacher Forstes für den Braunkohleabbau an. Auch Mitarbeiter des Energiekonzerns RWE haben waren dabei. Unter dem Motto „Ohne gute Arbeit kein gutes Klima. Wir sind laut für unsere Jobs“ zogen sie am Mittwoch durch die Ortschaft Bergheim, wo die Kohlekommission heute berät. RWE beschäftigt im Tagebau und den angrenzenden Kraftwerken rund 10.000 Mitarbeiter. Viele bangen um ihre Jobs, nachdem der Konzern im Streit um den Hambacher Forst einen herben Rückschlag hinnehmen musste.

Aufgabe der sogenannten Kohlekommission ist es, Wege zu einem Ausstieg aus der Kohleverstromung auszuarbeiten. Der Bund will den deutschen Kohleregionen ein Sofortprogramm mit insgesamt 1,5 Mrd. Euro für den Ausstieg zur Verfügung stellen. In der Lausitz hatte die Gruppe bereits getagt.

Die grundsätzliche Versorgungssicherheit mit Strom ist nach Angaben der des deutschen Wirtschaftsministeriums indes auch nach dem Rodungsstopp im Hambacher Forst gewährleistet. „Die Reduktion der Braunkohleförderung im Hambacher Tagebau würde sich nicht negativ auf die Versorgungssicherheit am Strommarkt auswirken“, sagte der Parlamentarische Staatssekretär im Ministerium, Oliver Wittke (CDU).

Das geht aus dem Protokoll des Bundestags von der Sitzung am 17. Oktober hervor, wie am Mittwoch zunächst die „Rheinische Post“ berichtet hatte. „Aktuelle Studien des europäischen Verbandes der Übertragungsnetzbetreiber und im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie zeigen, dass es derzeit weiterhin deutliche Überkapazitäten an den Strommärkten gibt“, sagte Wittke demnach auf eine Frage des Grünen-Politikers Oliver Krischer.