ÖSV trennte sich von Trainer, Werdenigg kritisierte System
„Es gibt Vorfälle, die mögen juristisch verjähren, aber nicht moralisch“, begründeten ÖSV-Boss Schröcksnadel und Sportdirektor Pum den Ausschluss des Trainers.
Von Florian Madl
Innsbruck – Lange dauerte es nicht, dass der Österreichische Skiverband reagierte. Nach einem Bericht des Nachrichtenmagazins Der Spiegel, demzufolge ein ÖSV-Trainer vor seiner Tätigkeit im Verband in einen von mehreren Männern verübten massiven sexuellen Übergriff an einer jungen Frau verwickelt war, wurden umgehend Ermittlungen eingeleitet. Und die kamen, wie der Skiverband gestern wissen ließ, in Form einer Suspendierung zum Abschluss.
Vom Vorwurf der Vergewaltigung war der Mann freigesprochen worden, aber ein Zusammenhang war gegeben. „Es gibt Vorfälle, die mögen juristisch verjähren, aber nicht moralisch“, begründen ÖSV-Präsident Peter Schröcksnadel und Sport-Direktor Hans Pum. Der Ex-Trainer konnte nach internen Untersuchungen ausgeforscht und befragt werden. Der Vorfall passierte Jahre vor seiner Tätigkeit beim ÖSV, schien aber als „mindergewichtige Verurteilung“ in der Strafregisterbescheinigung nicht auf, weshalb der ÖSV davon keine Kenntnis haben konnte, hieß es in einer Erklärung. Nach Prüfung der Informationen durch externe Juristen wurde die Zusammenarbeit unverzüglich aufgelöst.
„Der ÖSV muss Vorbildwirkung haben, wir erwarten von allen Funktionären und Trainern einen tadellosen Leumund. Alle ÖSV-Mitarbeiter verpflichten sich zu respektvollem Umgang, Achtung der persönlichen Freiheit und wertschätzendem Verhalten“, betonte Schröcksnadel in der Erklärung. Verwundert zeigt sich der Präsident über den Zeitpunkt der so genannten Enthüllung unmittelbar vor dem Start der Skisaison: Es wurden schon vor Monaten offizielle Ansprechstellen eingerichtet, an die man sich mit konkreten Hinweisen auch anonym wenden kann. Der betroffenen Frau drückt der Österreichische Skiverband sein Mitgefühl aus.
Ex-Rennläuferin Nicola Werdenigg, die mit dem Outing ihrer Vergewaltigung Mitte der 70er-Jahre einen Stein ins Rollen gebracht hatte, kritisierte dennoch: „Man hat wieder einen Einzeltäter und muss sich keine Gedanken darüber machen, dass das System versagt hat.“ Sie habe vom Vorfall bereits vor ihrem Outing gewusst, in der Ski-Szene sei er vielen bekannt gewesen. Und Mitgefühl bringt sie auch für den Täter auf, der „noch nicht weiß, was jetzt auf ihn zukommt“.
Die betroffene Frau indes – sie war damals keine Schülerin der Ski-Schwerpunkt-Einrichtung – habe es jedenfalls bis heute schwer. Die Familie der Frau sei im Zuge der jüngsten Vorwurfswelle an sie herangetreten und habe von den Vorfällen berichtet. Mittlerweile sei sie aus der betroffenen Region weggezogen, da auch das Umfeld entsprechend negativ auf sie reagiert habe. „Besonders schmerzhaft war für sie, dass die Täter in der Öffentlichkeit weiterhin Anerkennung erfuhren“, erzählte Werdenigg.