Buntes Papier für die Toten Mexikos
Mexiko-Stadt (APA/dpa) - Die Straßen am Rande von Xochimilco im Süden der mexikanischen Hauptstadt sind staubig. Nur der Schriftzug „Papel P...
Mexiko-Stadt (APA/dpa) - Die Straßen am Rande von Xochimilco im Süden der mexikanischen Hauptstadt sind staubig. Nur der Schriftzug „Papel Picado“ am unverputzten Haus der Familie Torres y Cordero weist darauf hin, dass inmitten von Reifenhändlern und Werkstätten das ganze Land in bunte Farben getaucht wird: „Papel Picado“ heißen die ausgestanzten Seidenpapiere, die zu allen wichtigen Feiertagen die Straßen schmücken.
So auch in diesen Tagen vor dem wichtigsten aller Feiertage, an dem Mexiko seiner Verstorbenen gedenkt, dem „Dia de los Muertos“ - dem Tag der Toten. Alberto Torres y Cordero streicht mit seiner Hand über ein königsblaues Papier und erinnert sich: „Während meines Lehramtsstudiums hat ein Professor uns Papier und Schere hingelegt. Dass ich heute mit Papier arbeite, ist diesem Zufall zu verdanken.“
Vor 40 Jahren hat der 81-jährige Torres y Cordero seinen Betrieb gegründet. Aus Büchern hat er sich die Handwerkskunst, die ihren Ursprung in China hat und im 19. Jahrhundert nach Mexiko exportiert wurde, selbst beigebracht. Seine Faszination für die Arbeit mit dem Seidenpapier war so groß, dass er sich entschied, seinen Beruf als Lehrer aufzugeben, um sich voll und ganz dem Handwerk zu widmen.
Zusammen mit seiner Frau Bernardina Alfaro Lopez hat er einen Familienbetrieb mit Kunden in der ganzen Welt aufgebaut. Die Grenzen zwischen Betrieb und Familienleben sind fließend. Während im zweiten Stock die „Papeles“ bearbeitet werden, wird im Erdgeschoß zum gemeinsamen Mittagessen gerufen.
Heute leitet seine Tochter das Alltagsgeschäft. Die übrigen sieben Kinder haben sich für andere Karrieren entschieden, sind Ingenieure oder Biologin geworden. Zu den insgesamt 25 Mitarbeitern zählen auch Neffen und Nichten. Sie arbeiten als „Picadores“, was sich wörtlich mit „Ausstechern“ übersetzen lässt. Und so tönt durch die Werkstatt ein sanftes und regelmäßiges Pochen, denn sie stechen die Entwürfe hier noch mit Hammer und Meißel aus.
Guadalupe Herrera arbeitet seit über zehn Jahren als „Picadora“: „Je nachdem wie schwierig ein Design ist, brauche ich circa eine Stunde für 90 Papiere“, sagt sie. Ungefähr 5.000 Papiere schaffen die insgesamt neun „Picadores“ in einer Woche.
Wie in so vielen anderen Bereichen, wird aber auch das „Papel Picado“ mittlerweile vermehrt industriell hergestellt. Mit den hohen Stückzahlen kann der Familienbetrieb nicht mithalten. Alberto Torres y Cordero macht sich um die Zukunft trotzdem keine Sorgen: „Wir können individuell auf die Kunden eingehen, deswegen sind die Fabriken mit ihren Standarddesigns keine Konkurrenz für uns.“