Italien droht im Schuldenstreit neues Ungemach von Ratingagenturen

Rom/Frankfurt (APA/dpa) - Der italienischen Regierung droht wegen ihrer Haushaltspolitik weiteres Ungemach. Die Ratingagentur Standard & Poo...

Rom/Frankfurt (APA/dpa) - Der italienischen Regierung droht wegen ihrer Haushaltspolitik weiteres Ungemach. Die Ratingagentur Standard & Poor‘s (S&P) will die Kreditwürdigkeit des Landes am Freitag neu bewerten. Angesichts des Schuldenstreits zwischen Rom und der EU-Kommission sind die Finanzmärkte alarmiert.

Die Marktzinsen für italienische Staatsanleihen zogen in den vergangenen Wochen schon deutlich an. Sollte der Trend fortbestehen, müsste die Regierung immer mehr Zinsen für ihre Schulden bezahlen. Italien hat mit einem Schuldenstand von 130 Prozent im Verhältnis zum Bruttoinlandsprodukt (BIP) den zweithöchsten Wert in der Eurozone.

Die Spannungen an den Finanzmärkten könnten durch die Entscheidungen der Ratingagenturen verschärft werden. Am vergangenen Freitag hatte bereits die Agentur Moody‘s die Bonität der drittgrößten Volkswirtschaft der Eurozone herabgestuft. Die Märkte reagierten vergleichsweise gelassen, weil die aktuelle Note „BBB-“ noch über dem Ramschniveau liegt, das hochspekulative Anlagen beschreibt. Zudem hat Moody‘s keine weitere Herabstufung in Aussicht gestellt.

Auch S&P wird die Kreditwürdigkeit am Abend voraussichtlich nicht auf Ramschniveau senken. Noch liegt die Note zwei Stufen über der Schwelle. Experten halten eine Senkung des Ausblicks aber für wahrscheinlich. Kurzfristig droht Italien von dieser Seite also noch keine große Gefahr. Dies kann sich jedoch rasch ändern, falls sich die Schuldenlage weiter zuspitzen sollte.

Die Regierung hatte einen Etatentwurf vorgelegt, der nicht den Regeln in der Eurozone entspricht. So soll das Defizit im kommenden Jahr bei 2,4 Prozent der BIP liegen. Ursprünglich waren 0,8 Prozent zugesagt worden. Die EU-Kommission lehnte den Haushalt ab. Bisher haben die beiden regierenden Parteien Lega und Fünf-Sterne-Bewegung keinerlei Bereitschaft zum Einlenken gezeigt.

Die Ratings sind wichtig, weil sich Investoren wie Anleihefonds und Versicherungen daran orientieren. Sollten tatsächlich alle vier großen Agenturen (S&P, Moody‘s, Fitch und DBRS) Italiens Note auf Ramschniveau senken, hätte das Land ein großes Problem. Dann dürfte die Europäische Zentralbank (EZB) italienische Anleihen nicht mehr erwerben und auch sonst nicht mehr bei ihren Geschäften akzeptieren. Für sicherheitsorientierte Anleger wären die Papiere dann tabu.

Auf dem Höhepunkt der Euro-Schuldenkrise hatten die Herabstufungen durch Ratingagenturen die Probleme immer weiter verschärft. Damals wurden Bewertungen der Kreditwürdigkeit von Ländern wie Griechenland, Irland, Spanien, Portugal und Italien im Eiltempo gesenkt.

In kurzer Frist lauern die größten Gefahren im Bankensektor. Die italienischen Geldhäuser halten große Bestände an heimischen Staatsanleihen. Bei weiteren Herabstufungen könnten diese nicht mehr als Sicherheiten verwendet werden können. Laut einem Bericht der Tageszeitung „La Stampa“ nimmt die italienische Notenbank die Bestände der Banken an Staatsanleihen jetzt unter die Lupe. Die italienische Regierung hat den Banken bereits Hilfe in Aussicht gestellt, falls sich die Lage zusätzlich verschärften sollte.

Einige Beobachter sehen in diesem Fall auch eine Chance. Schließlich könnte der durch die Herabstufungen ausgelöste Druck die Regierung zum Einlenken zwingen. Es gilt als unwahrscheinlich, dass die EU-Kommission glaubwürdige Sanktionen gegen Italien verhängen wird. Eine Rettung des Landes durch den Rettungsschirm ESM dürfte unmöglich sein, weil die italienische Wirtschaft viel zu groß ist.