Saudi-Arabien ortet „Hysterie“ im Fall Khashoggi, USA beunruhigt
Riad will die 18 Tatverdächtigen nicht an die Türkei ausliefern und spielte die Bedeutung der Tötung Khashoggis vor Teilnehmern einer internationalen Sicherheitskonferenz in Bahrain herunter. Die USA sorgen sich indes um die Anti-Iran-Achse.
Riad – Der gewaltsame Tod des regimekritischen Journalisten Jamal Khashoggi im saudiarabischen Konsulat von Istanbul bedroht nach Einschätzung der USA die Stabilität in der gesamten Nahost-Region. US-Verteidigungsminister Jim Mattis sagte bei einer Sicherheitskonferenz am Samstag in Bahrain, die Nichtbeachtung fundamentaler Werte wie Rechtsstaatlichkeit unterminiere die regionale Sicherheit.
Das saudische Herrscherhaus lehnte unterdessen die Auslieferung der Tatverdächtigen an die Türkei ab.
Überragende Bedeutung Saudi-Arabiens in US-Strategie
„Mit Blick auf unser kollektives Interesse an Frieden und dem unerschütterlichen Respekt für Menschenrechte muss uns der Mord an Jamal Khashoggi in einer diplomatischen Vertretung alle beunruhigen“, sagte Mattis in Manama, der Hauptstadt von Bahrain. Wenn ein Staat darin scheitere, internationale Normen und rechtsstaatliche Prinzipien zu beachten, werde die regionale Stabilität in einer Zeit untergraben, in der es besonders nötig sei, sagte Mattis. Den saudi-arabischen Kronprinzen Mohammed bin Salman, der im Verdacht steht, die tödliche Attacke auf den Journalisten angeordnet zu haben, nannte Mattis nicht beim Namen.
Mattis machte anhand zahlreicher Beispiele deutlich wie wichtig der US-Regierung eine Einhegung des wachsenden Einflusses des Iran in der Region ist. Dieser torpediere die politische Stabilität in zahlreichen Ländern, kritisierte Mattis. Die bisher eher zögerliche Reaktion der USA auf die Tötung Khashoggis hängt auch mit der überragenden Bedeutung Saudi-Arabiens in der US-Strategie gegen den Iran zusammen.
Deutschlands Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen forderte bei der Konferenz, die Tötung Khashoggis müsse ungeachtet möglicher politischer Folgen aufgeklärt werden. Dies sei eine Frage der menschlichen Würde und gleichzeitig eine Chance, Glaubwürdigkeit und Vertrauen wiederherzustellen.
Saudi-Arabien lehnt Auslieferung ab
Der saudi-arabische Außenminister Adel al-Jubeir spielte die Bedeutung der Tötung Khashoggis vor den Konferenzteilnehmern herunter. Um den Tod des regierungskritischen Journalisten habe sich eine „Medien-Hysterie“ entwickelt, sagte er. Zugleich lehnte er die von der Türkei geforderte Auslieferung der als tatverdächtig Festgenommenen ab. Sie würden im Königreich zur Rechenschaft gezogen. Der Prozess werde in Saudi-Arabien stattfinden und die Ermittlungen würden eine gewisse Zeit in Anspruch nehmen, sagte der Minister. Die Türkei hatte am Freitag die Auslieferung der 18 Verdächtigen gefordert.
Al-Jubeir bemühte sich um Beschwichtigung der USA: Die Beziehungen zwischen den USA und Saudi-Arabien seien unzerstörbar. Sein Land sei ein Leuchtturm des Lichtes, während der Iran die Dunkelheit verkörpere, sagte er.
„Wir werden das überstehen“
Khashoggi war Anfang Oktober im saudi-arabischen Konsulat in Istanbul getötet worden. Auch ein saudi-arabischer Staatsanwalt hatte das Verschwinden Khashoggis zuletzt als Mord bezeichnet. Ursprünglich hatten die Behörden in Riad abgestritten, etwas mit dem Verschwinden Khashoggis zu tun zu haben. Später hieß es, der 59-Jährige sei bei einer Schlägerei in dem Konsulat ums Leben gekommen.
Die Tötung des Journalisten hat weltweit für Empörung gesorgt und stellt die Beziehungen Riads zu Washington und anderen westlichen Staaten auf die Probe. Al-Jubeir gelobte jedoch, „wir werden das überstehen“.
Diskussion um Waffenembargo in Deutschland
In Deutschland wird unterdessen die Diskussion um ein Waffenembargo gegen Saudi-Arabien weitergeführt. FDP-Vize Alexander Graf Lambsdorff begrüßte am Samstag im Deutschlandfunk die Entscheidung der Bundesregierung, vorerst keine Genehmigungen für Rüstungsexporte in das Golf-Königreich zu erteilen. Gleichzeitig sprach er sich für europäische Standards in der Rüstungskontrolle aus. Die Gespräche über diesen Prozess müssten „dringend beginnen“, sagte Lambsdorff.
Am Freitag waren Meinungsverschiedenheiten zwischen Berlin und Paris hinsichtlich der Rüstungsexporte nach Saudi-Arabien zutage getreten. Während Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) die deutsche Position eines vorläufigen Waffenembargos bekräftigte, sprach Frankreichs Präsident Emmanuel Macron mit kaum verhohlener Kritik an Deutschland in diesem Zusammenhang von „reiner Demagogie“ und forderte eine „europäische Lösung“. (APA/AFP)