Georgien

Stichwahl um Präsidentenamt in Georgien

Mit Salome Surabischwili hat eine Frau gute Chancen, das nächste Staatsoberhaupt Georgiens zu werden.
© APA/AFP/Vano Shlamov

Zwei frühere Außenminister gehen ins Rennen. Erstmals könnte eine Frau das höchste Staatsamt bekleiden.

Tiflis – In Georgien gehen zwei frühere Außenminister in eine Stichwahl um das Präsidentenamt in dem Staat am Schwarzen Meer. Nach Angaben der Wahlkommission in Tiflis vom Montag erreichte keiner der Kandidaten am Sonntag die notwendige absolute Mehrheit. Beobachter sprachen von einer insgesamt freien Wahl in der ehemaligen Sowjetrepublik.

Nach Auswertung aller Stimmzettel erhielt die Favoritin Salome Surabischwili 38,6 Prozent der Stimmen, ihr schärfster Konkurrent Grigol Waschadse kam auf 37,7 Prozent. Wann die Wähler in Georgien erneut abstimmen müssen, war zunächst nicht bekannt. Die Wahlkommission hat 19 Tage Zeit, um das Endergebnis offiziell zu verkünden. Waschadse schlug vor, dass die Oppositionsparteien vor der Stichwahl zusammenarbeiten sollten.

Erstmals eine Frau an der Spitze?

Die frühere französische Botschafterin Surabischwili war als Favoritin in die Abstimmung gegangen. Sie trat als unabhängige Kandidatin an und wurde von der Regierungspartei Georgischer Traum unterstützt. Sollte die 66-Jährige die Wahl gewinnen, würde erstmals eine Frau das höchste Staatsamt bekleiden.

Die Wahlbeteiligung im ersten Durchgang lag nach Angaben der Wahlkommission bei 46,7 Prozent. Gut 3,5 Millionen Menschen waren zur Wahl aufgerufen. Präsident Giorgi Margwelaschwili trat nicht mehr an. 25 Kandidaten bewarben sich um seine Nachfolge.

Internationale Beobachter sahen kaum Mängel bei der Abstimmung. „Bei diesen Wahlen hat Georgien die Reife seiner Demokratie gezeigt“, erklärte der Leiter der Beobachterdelegation der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE), Kristian Vigenin. Die Bewerber seien in der Lage gewesen, frei zu kandidieren, und die Wähler hätten eine echte Wahl gehabt.

Dennoch habe es Fälle von Missbrauch staatlicher Mittel gegeben. So seien hochrangige Beamte der Regierungspartei Georgischer Traum involviert gewesen, was nicht im Einklang mit dem Gesetz stehe, hieß es. Darüber hinaus sprachen die Wahlbeobachter von Übergriffen etwa auf Parteibüros. Der Wahlkampf sei polarisierend gewesen.

Erheblich größere Spannungen im Land befürchtet

Der deutsche Wahlbeobachter und Bundestagsabgeordnete Andrej Hunko befürchtet jedoch einen raueren Ton im Vorfeld des zweiten Wahlgangs. „Dann werden die Spannungen im Land erheblich größer werden“, sagte der Linke-Politiker, der für den Europarat in Georgien im Einsatz war. Er verwies auf Aussagen Waschadses im Wahlkampf, im Falle eines Wahlsieges den früheren georgischen Präsidenten Michail Saakaschwili zu begnadigen. Dieser war wegen Amtsmissbrauchs zu sechs Jahren Haft verurteilt worden und lebt nun in den Niederlanden.

TT-ePaper 4 Wochen gratis lesen

Die Zeitung jederzeit digital abrufen, ohne automatische Verlängerung

Waschadse beklagte während der Abstimmung laut russischen Medien Unregelmäßigkeiten und sprach von vielen Beschwerden. Der Vorsitzende der oppositionellen Arbeiterpartei, Schalwa Natelaschwili, rief zu Protesten im Falle von Wahlfälschungen auf.

Mit der Wahl tritt zugleich eine Verfassungsreform in Kraft, wonach ab 2023 ein Wahlmännergremium den Präsidenten bestimmen soll und nicht mehr das Volk. Das künftig nur noch fünf statt sechs Jahre amtierende Staatsoberhaupt hat mit der Verfassungsänderung überwiegend nur noch repräsentative Aufgaben.

Georgien wird militärisch von den USA unterstützt. Das Land strebt zum Schutz vor Russland den Beitritt zu EU und NATO an. Moskau unterstützt dagegen die abtrünnigen Regionen Südossetien und Abchasien, die ihre Unabhängigkeit von Georgien erklärt haben. (APA/dpa)

Verwandte Themen