Tagung in Innsbruck

Geschlechtskrankheiten: „Männer sind hier unterversorgt“

Kondome schützen vor sexuell übertragbaren Krankheiten.
© APA

Haut- und Geschlechtskrankheiten sind auf dem Vormarsch. Ende November diskutieren Experten in Innsbruck aktuelle Entwicklungen und neue Therapieoptionen. Im Vorfeld warnen Mediziner, dass der Tripper-Erreger zunehmend resistent gegen Antibiotika ist. Besonders bei Männern fehlt das Bewusstsein.

Innsbruck – Mehr als 2000 Hautkrankheiten gibt es und jeder Mensch erkrankt im Laufe seines Lebens mehrmals daran. Neueste Erkenntnisse und Therapiemethoden dazu werden Ende November bei der Jahrestagung der „Österreichischen Gesellschaft für Dermatologie und Venerologie“ in Innsbruck diskutiert. Ein wichtiges Thema dabei wird die beträchtliche Zunahme von Hautmelanomen sein. „Gleichzeitig erhöhen sich aber auch unsere Therapieoptionen und Behandlungserfolge“, so Matthias Schmuth, Direktor der Innsbrucker Universitätsklinik für Dermatologie, Venerologie und Allergologie in einer Aussendung.

Erst kürzlich wurde die Klinik von der Deutschen Krebsgesellschaft (DKG) als Hautkrebszentrum zertifiziert. Ein Grund dafür sind die personalisierten Therapien, die in Innsbruck zum Einsatz kommen. „Wir wissen immer mehr über die molekularen Grundlagen der verschiedenen Subtypen von Melanomen“, sagt Van Anh Nguyen, leitende Oberärztin für Dermatologie, Venerologie und Allergologie an der Klinik.

„Dieses Wissen nutzen wir, um für unsere Patientinnen und Patienten die richtige Therapieoption auszuwählen.“ Die personalisierte Medizin sei in der Melanombehandlung Alltag geworden. Basierend auf den vorhandenen Daten, werden die Informationen über die verschiedenen Melanom-Typen jetzt immer mehr verfeinert. „Unser Ziel ist es, durch bessere Erkenntnisse über die Genetik frühzeitig eingreifen zu können, bevor der Hautkrebs bösartig wird. Das ist aber vorerst Zukunftsmusik“, so Van Anh Nguyen. Über den neuesten Stand der Forschung wird im Rahmen der Jahrestagung diskutiert werden, zu diesem Zweck reist der internationale Krebsexperte Boris Bastian aus San Francisco (USA) an.

Gonokokken werden immer resistenter

Auch das Thema Geschlechtskrankheiten steht bei der Tagung im Fokus. Bereits seit längerem warnen Mediziner davor, dass Gonokokken (Tripper-Erreger) zunehmend resistent gegen Antibiotika-Therapien werden. Bereits 2016 setzte die Weltgesundheitsorganisation (WHO) den Tripper-Erreger auf eine Liste von Erregern, gegen die am dringendsten neue Antibiotika benötigt werden.

Oft verlaufen die Gonorrhoe (Tripper) und andere Geschlechtskrankheiten ohne oder mit kaum Beschwerden. „Vor diesem Hintergrund ist eine frühe Diagnose und korrekte Behandlung äußerst wichtig“, erklärt Mario Sarcletti, der Leiter der Spezialambulanz für HIV und Geschlechtskrankheiten an der Innsbrucker Klinik. Vor dem Hintergrund einer steigenden Anzahl von Geschlechtskrankheiten ist wieder mehr Bewusstsein für die Prävention gefordert. Sexuell übertragbare Krankheiten sollten nicht auf die leichte Schulter genommen werden.

Mario Sarcletti, Leiter der Spezialambulanz für HIV und Geschlechtskrankheiten, leitende Oberärztin Van Anh Nguyen und Direktor Matthias Schmuth von der Innsbrucker Klinik für Dermatologie, Venerologie und Allergologie.
© MUI/D. Bullock

Frauen gehen zum Arzt, Männer „unterversorgt“

„Viele Frauen sind bereits darauf sensibilisiert, jährlich zum Frauenarzt zu gehen. Männer sind hier unterversorgt“, warnt Sarcletti. „Ihnen fehlt häufig das Bewusstsein, dass sie auch regelmäßige fachärztliche Kontrolle brauchen, um frühzeitig bei den ersten Anzeichen eingreifen zu können.“

Normales Leben mit HIV

Seit 1996 ist die HIV-Infektion durch wirksame Medikamentenkombinationen kontrollierbar geworden. Sarcletti: „Mit oft nur einer Tablette täglich können die Betroffenen ein normales Leben mit fast normaler Lebenserwartung führen. Erfolgreich behandelte Menschen sind dann auch nicht mehr sexuell ansteckend.“ Um zukünftig ein mögliches Ende von HIV und AIDS zu erreichen, hat die WHO den Ländern das Ziel 90-90-90 bis 2020 vorgegeben. Das bedeutet, 90 Prozent der Infizierten zu diagnostizieren, 90 Prozent davon zu behandeln und wiederum bei 90 Prozent davon das Virus dauerhaft zu unterdrücken. „Das 90-90-90 Ziel haben wir in Österreich fast erreicht und die kalkulierten Neuinfektionen und die Neudiagnosen der HIV-Infektionen gehen auch zurück“, sagt Sarcletti.

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Um die Anzahl der Neuinfektionen weiter zu reduzieren, braucht es weitere Maßnahmen. Welche Möglichkeiten und Chancen die Prä-Expositions-Prophylaxe für HIV, kurz HIV-PrEP, bietet, wird derzeit in der Fachwelt diskutiert. „Für Menschen, die ein besonders hohes Risiko haben, eine HIV-Infektion zu bekommen, ist die HIV-PrEP eine sinnvolle Maßnahme“, so Sarcletti. „Bei der richtigen, täglichen Einnahme des Medikaments ist eine Verringerung des HIV-Infektionsrisikos von über 90 Prozent möglich. Allerdings wirkt diese HIV-PrEP nicht gegen andere Geschlechtskrankheiten.“ Der wissenschaftliche Austausch soll daher dazu beitragen, die Prävention weiter zu verbessern. (TT.com)

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