Deutschland

Wegen 28-fachen Mordversuchs: BVB-Attentäter muss 14 Jahre in Haft

Die Staatsanwaltschaft wirft dem Angeklagten mehrfachen versuchten Mord vor.
© dpa

Ein Bombenanschlag auf den Mannschaftsbus von Borussia Dortmund erschüttert im April 2017 die Fußballwelt. Attentäter Sergej W. ging es dabei um Geld. Nun muss er wegen versuchten Mordes lange Zeit ins Gefängnis.

Dortmund – Elf Monate dauerte der Prozess um den Bombenanschlag auf den Mannschaftsbus des Fußball-Erstligisten Borussia Dortmund. Das Schwurgericht in Dortmund hat den Attentäter Sergej W. jetzt zu einer Haftstrafe von 14 Jahren wegen 28-fachen Mordversuchs, Körperverletzung und der Herbeiführung einer Sprengstoffexplosion verurteilt.

Im Plädoyer am vergangenen Donnerstag hatte die Verteidigung von W. noch um Milde für ihren Mandanten gebeten und eine Haftstrafe von deutlich unter zehn Jahren gefordert. Rechtsanwalt Carl Heydenreich hielt zu diesem Zeitpunkt eine Verurteilung wegen versuchten Mordes noch für ausgeschlossen. W. habe sich lediglich der Herbeiführung einer Sprengstoffexplosion schuldig gemacht.

„Die Sprengrichtung war für ihn nicht beherrschbar“

Nach Überzeugung des Gerichtes hatte der 29-Jährige aus Rottenburg am Neckar am 11. April 2017 bei der Abfahrt des Mannschaftsbusses am Teamhotel des BVB zum Champions-League-Heimspiel gegen AS Monaco drei Sprengsätze gezündet. Laut Anklage war sein Ziel, mit den Bomben Spieler zu töten und damit den Kurs der BVB-Aktie zum Absturz zu bringen. „Der Angeklagte hat mit der Möglichkeit gerechnet, dass Menschen zu Tode kommen“, sagte Richter Peter Windgätter bei der Urteilsbegründung. „Die Sprengrichtung war für ihn nicht beherrschbar.“

Der 29-jährige gelernte Elektrotechnik-Meister hatte die Bomben selbst hergestellt. Sie waren mit Metallstiften gefüllt, die er an seinem Arbeitsplatz einzeln geschnitten und zurechtgefeilt hatte. Einige von ihnen waren durch die Detonation über 200 Meter weit geflogen und auch in einem Haus eingeschlagen. Ein anderer Stift war später in einer Kopfstütze im Mannschaftsbus von Borussia Dortmund gefunden worden – direkt neben dem Platz, auf dem Innenverteidiger Marc Bartra gesessen hatte.

Es war wenige Stunden vor dem Champions League-Heimspiel gegen AS Monaco, als die Mannschaft von Borussia Dortmund an ihrem Teamhotel in den Bus gestiegen war. Kurz nach der Abfahrt detonierten die in einer Hecke versteckten Sprengsätze. Sergej W. hatte sie per Fernzünder aus dem Mannschaftshotel gezündet, in dem er sich eingemietet hatte. „Er zündete genau, als der Bus sich auf Höhe der Sprengsätze befand“, hieß es im Urteil. Im Bus befanden sich zu diesem Zeitpunkt 28 Personen.

Narzisstisch und selbstverliebt

Hintergrund der Tat war eine versuchte Börsen-Manipulation. Laut Urteil wollte der in Russland geborene Deutsche durch den Anschlag die BVB-Aktie zum Absturz bringen. Davon hätte er durch zuvor erworbene Optionsscheine selbst profitiert. „Sein Ziel war es, ein möglichst geräuschvolles Zeichen zu setzen, das zu Kursverlusten führt“, so Richter Windgätter.

Im Prozess hatte der 29-Jährige zugegeben, die Splitterbomben gebaut und gezündet zu haben, eine Tötungsabsicht aber bestritten. Nach seiner Aussage sei es ihm allein darum gegangen, Angst und Schrecken zu verbreiten. Das sahen die Richter jedoch anders. Sie haben keinen Zweifel, dass Sergej W. zumindest in Kauf genommen hat, dass Menschen sterben könnten. Die Verteidiger hatten Sergej W. in ihren Plädoyers als zutiefst verunsicherte Persönlichkeit mit narzisstischen und selbstverliebten Zügen beschrieben.

Mit seinem Urteil blieb das Dortmunder Schwurgericht unter dem Antrag der Staatsanwaltschaft, die lebenslange Haft gefordert hatte. Der BVB wollte das Urteil nicht kommentieren. „Wir widmen uns heute nur dem Spiel. Das Thema war intern seit langer Zeit aufgearbeitet“, sagte BVB-Mediendirektor Sascha Fligge bei einer Pressekonferenz zur aktuellen Champions League-Saison auf Fragen nach der Gerichtsentscheidung.

BVB-Kicker im Zeugenstand

In dem elf Monate dauernden Prozess hatten die Richter neben Sprengstoff- und Aktiensachverständigen auch fast alle damaligen Businsassen als Zeugen vernommen. Der heute für Borussia Mönchengladbach spielende Verteidiger Matthias Ginter brach dabei in Tränen aus. Der damals noch für Dortmund aktive Torwart Roman Weidenfeller sagte: „Der Anschlag hat mein Leben verändert.“ Dortmunds damaliger Trainer Thomas Tuchel mutmaßte in seiner Zeugenaussage sogar, dass er nach der Saison weiter im Amt geblieben wäre, hätte es das Attentat nie gegeben.

Bei dem Anschlag war der spanische Innenverteidiger Marc Batra im Inneren des Busses schwer am Unterarm verletzt worden. Ein Polizist, der dem Bus auf einem Motorrad vorausfahren sollte, hatte ein Knalltrauma erlitten. Der Beamte ist heute dienstunfähig. (dpa)