Waalwege statt Aussichtsplattformen
Die ehrenamtliche Tiroler Waalgruppe präsentierte die Ergebnisse ihrer Dokumentation jüngst im Ötztaler Heimatmuseum.
Von Agnes Dorn
Längenfeld –Seit dem 13. Jahrhundert haben die Landwirte im Tiroler Oberland Waale gebaut. In niederschlagsärmeren Regionen und Zeiten konnten so die Felder bewässert werden. Heute sind viele dieser oft kilometerlangen und teils in blanken Fels gehauenen Berieselungssysteme verfallen oder ganz verschwunden. Der Tiroler Waalgruppe ist es indes gelungen, über 300 Waale per GPS zu lokalisieren. Mittlerweile wurde die Rieselbewässerung im Tiroler Oberland von der Unesco zum immateriellen Kulturerbe erklärt.
In den Ötztaler Gedächtnisspeicher lud vergangene Woche die Tiroler Waalgruppe rund um den Archäologen und Althistoriker Werner Holzer, den Mathematiker und EDV-Spezialisten Burkhard Fiechter, den Wasserökologen Peter Zaderer und den Hydrologen Christian Leibundgut, um der Öffentlichkeit die Ergebnisse von jahrelangen Erhebungen zu präsentieren.
Jeweils fünf Wochen im Frühjahr und im Herbst waren die Männer im Gelände unterwegs, um die Waale von ihrer Einkehr in den Tragwaal bis zu ihrem Auslauf in die Wurzelwaale zu dokumentieren. Bei über 300 Exemplaren von Nauders bis Haiming ist ihnen das geglückt. Auch das Ötztal haben sie, bis auf Vent, noch im Herbst abgeschlossen. Im nächsten Frühjahr sollen das Mieminger Plateau und Seefeld folgen.
Rund ein Drittel der Waale sind heute noch in Betrieb und werden instand gehalten und genutzt. So wird zum Beispiel der Kaunerbergwaal heute sogar zum Besprühen der Felder und als Frostschutz für die Obstbäume verwendet. Auch in Stanz und Haiming profitiert man heute noch in trockenen Zeiten, wie dem heurigen Sommer, vom alten Handwerk der Waalbauer. Anderswo ist die Funktion der Waale in Vergessenheit geraten und die Suche nach Resten sowie nach Zeitzeugen gestaltet sich für die Männer der Waalgruppe mühsam. Tiris-Aufnahmen inklusive Laserscan, Kataster- und eigene Waalkarten, Postkarten und Fotografien waren dabei neben den Begehungen und Luftaufnahmen mittels Drohne willkommene Informationsquellen. Derzeit würde sich die Waalgruppe über Informationen oder alte Dokumente zum Raum Ambach freuen. Telefonisch ist Werner Holzner unter 0664/3210628 erreichbar.
Ziel der Waalgruppe ist es nun, die gesammelten Daten in das Tiroler Rauminformationssystem (Tiris) einzuspeisen, um Lage und Zustand der Waale öffentlich zugänglich zu machen. Das Land habe hierzu seine Genehmigung schon erteilt, informierte Fiechter über den aktuellen Stand. Darüber hinaus soll bei der Bevölkerung das Bewusstsein geschaffen werden, dass die jahrhundertealte Rieselbewässerung einerseits als Kulturerbe und Merkmal der Oberländer Landwirtschaft erhaltenswert ist, andererseits auch in Zeiten von Klimawandel und längeren Trockenperioden durchaus zukünftig an Bedeutung zurückgewinnen kann.
Dass heute immer mehr Grundeigentümer auf ihr Wasserrecht verzichten oder es ihnen abgesprochen wird, wenn der Waal über einen Zeitraum von drei Jahren nicht mehr funktionstüchtig war und die Waale zugunsten von Speicherseen und Kraftwerken weichen, sei deshalb zu bedauern, so die ehrenamtlichen Schützer des immateriellen Kulturerbes im Tiroler Oberland.