Anstieg bei HIV-Diagnosen: „Wer seine Infektionen kennt, ist im Vorteil“
Immer mehr Tiroler verzichten auf Kondome, weil HIV gut therapierbar ist und die Ansteckungsgefahr durch Medikation verringert werden kann.
Innsbruck - In kurzer Zeit stieg die Zahl der HIV-Neudiagnosen in Tirol merklich an — von 33 im Jahr 2015 auf 46 im vergangenen Jahr. Auch die Infektionen mit Hepatitis B und C nehmen zu. Dieser Tage finden zum sechsten Mal die „Europäischen HIV/Hepatitis Testwochen" statt. Die Tiroler Aids-Hilfe rät dazu, sich testen zu lassen.
Denn: „50 Prozent der Neuinfektionen erfolgen durch Menschen, die nicht wissen, dass sie HIV-positiv sind", sagt Lydia Domoradzki, Leiterin der Beratungsstelle. Die Hemmschwelle für einen Test müsse sinken. Dies würde die Zahl der zu spät diagnostizierten Infektionen senken und Neuinfektionen verringern. Etwa 900 Menschen leben in Tirol derzeit mit dem HI-Virus.
Hepatitis C kann inzwischen geheilt werden, HIV hat durch eine die Infektiosität senkende Therapie viel von seinem Schrecken verloren. Eine Entwicklung, die auch Schattenseiten hat. Tripper, Syphilis und Co. würden sich auch erneut ausbreiten, die Infektionen rasant ansteigen, weil mitunter durch den medizinischen Fortschritt Sex mit Kondomen immer weniger praktiziert wird, glaubt Fritz Aull. „Die klassischen, fast ausgerottet geglaubten Geschlechtskrankheiten feiern derzeit ein Revival", sagt der Psychologe der Tiroler Aids-Hilfe. Aull: „Auch hier gilt: Wer seine Infektionen kennt, ist im Vorteil."
Bereits im Kindes- und Jugendalter ist es deshalb wichtig, über Sexualität und auch Geschlechtskrankheiten Bescheid zu wissen. Um zu überprüfen, wo Präventionsmaßnahmen für Kinder am besten ansetzen, läuft seitens der Tiroler Aids-Hilfe derzeit eine Umfrage an Schulen. Erste Ergebnisse der bis 2020 laufenden Erhebungen zeigen: 77 Prozent der 201 befragten Schüler bezeichnen außerschulische sexualpädagogische Angebote als wichtigste Informationsquelle. (bfk)