Indien

Freunde unterstützten Trip: Getöteter Missionar plante Reise zwei Jahre

Indische Touristen auf einer Insel im Süden der Andamanen. Auf einer Insel der Inselgruppe lebt eines der letzten sogenannten unkontaktierten Völker ohne Bezug zur Außenwelt.
© AFP

John Allen Chau will einen isoliert lebenden Stamm auf den Andamanen-Inseln missionieren und bezahlt das mit seinem Leben. Nun berichten Freunde des Amerikaners, dass er seinen Trip zwei Jahre lang plante und sich der Gefahr durchaus bewusst war.

Neu-Delhi – Der US-amerikaner John Allen Chau reist auf eine abgeschiedene Insel und will das dort lebende Volk zum Christentum bekehren. Der 26-Jährige kann seine Idee allerdings nicht verwirklichen, denn auf den Andamanen-Inseln wird er von einem Ureinwohner mit einem Pfeil erschossen. Fischer sollen beobachtet haben, wie Männer des Stammes die Leiche des Amerikaners am Strand vergruben.

Doch hätte das alles verhindert werden können? Möglicherweise. Denn Freunde des Amerikaners erklären dem Sender CNN, dass er seine Reise zum indischen Stamm bereits seit 2016 plante und auch einige Bekannte in seine Pläne einweihte. „Ich habe ihn in seinem Plan bestärkt. Ich sagte, ‚wenn Gott dich ruft, dann tue es‘, berichtet Chaus Freund John Middleton Ramsey. Chau soll es besonders gereizt haben, einige der isoliertesten Menschen auf der Welt zu missionieren.

Eintrag ins Tagebuch: „Gott, ich möchte nicht sterben“

Die Andamanen und Nikobaren gehören zu Indien und liegen westlich von Myanmar. Auf North Sentinel Island leben nur noch rund 150 Mitglieder des Stamms. Sie arbeiten als Fischer und Jäger und wollen keinen Kontakt zur Außenwelt. Die potenziellen Gefahren seien dem jungen Missionar durchaus bewusst gewesen. Auf seiner Reise habe er ein paar Bekannten per E-Mail von seinen Erlebnissen berichtet. Vor seiner Überfahrt auf die Andamanen-Inseln ahnte er schon die Gefahr: „Gott, ich möchte nicht sterben“, schreibt Chau in sein digitales Reisetagebuch.

Polizei kann Leiche nicht bergen

Aktivisten und Wissenschafter haben dazu aufgerufen, auf die Bergung von Chaus Leiche zu verzichten. Eine Bergungsaktion wäre „unglaublich gefährlich“ – für die indigenen Inselbewohner ebenso wie für die Besucher von außen, erklärte die Organisation Survival International, die sich für den Schutz indigener Völker einsetzt, am Montag.

Stephen Corry, Leiter der Organisation Survival International, warnte vor dem Risiko gefährlicher Epidemien, die den Ureinwohnern bei einem Kontakt mit Außenstehenden drohten. Als Beispiel nannte er die Masern und die Grippe. Der Leichnam von Chau „sollte in Ruhe gelassen werden, ebenso die Sentinelesen“.

Ähnlich argumentierten indische Anthropologen, Autoren und Aktivisten in einer gemeinsamen Erklärung. Darin hieß es, dass die Rechte und Wünsche der Sentinelesen respektiert werden und eine Eskalation unbedingt vermieden werden sollte.

Wie gefährlich das Eindringen in die isolierte Welt des Stammes ist, zeigt auch die Reaktion der indischen Polizei. Bereits am Samstag fuhren indische Polizisten mit einem Boot bis zu 400 Meter vor die Insel North Sentinel, wo Chau getötet worden war. Am Strand sichteten sie mit Pfeil und Bogen bewaffnete Ureinwohner. Um nicht noch mehr Gewalt zu provozieren oder die Bevölkerung zu stören, kehrten sie wieder um.

Ob die Leiche des Amerikaners jemals geborgen und in die USA überführt werden kann, ist offen. (TT.com/APA/AFP)