Eskalation um Krim: Poroschenko setzt Kriegsrecht in Kraft, Moskau rüstet auf
Im Konflikt mit Moskau verhängt Kiew das Kriegsrecht in Grenz- und Küstengebieten und gibt dem Militär damit Sondervollmachten. Präsident Poroschenko warnt vor einem „großangelegten Krieg“ mit Russland. Indes verlegt die Regierung Putin ein Flugabwehr-Raketensystem auf die Halbinsel Krim.
Kiew – Der ukrainische Präsident Petro Poroschenko hat angesichts des Konflikts mit Russland im Schwarzen Meer das Kriegsrecht in Kraft gesetzt. Poroschenko habe das entsprechende Gesetz am Mittwoch unterzeichnet, teilte sein Sprecher via Facebook mit.
Das ukrainische Parlament hatte am Montag auf Antrag von Poroschenko beschlossen, ein 30-tägiges Kriegsrecht in den Grenz- und Küstenregionen zu verhängen. Am Dienstag warnte Poroschenko vor einem großangelegten Krieg zwischen der Ukraine und Russland. Er warf Russland massive Truppenverlegungen an die Grenze vor.
Kreml verstärkt nach Zwischenfall Militärpräsenz auf Krim
Die Krise zwischen Russland und der Ukraine hatte am Sonntag mit einer Konfrontation im Schwarzen Meer begonnen. Die russische Küstenwache hatte in der Straße von Kertsch vor der Halbinsel Krim drei ukrainische Marineschiffe beschossen und aufgebracht. Mehrere ukrainische Marinesoldaten wurden dabei verletzt, insgesamt 24 Besatzungsmitglieder wurden festgenommen. Gegen zwölf von ihnen ordnete ein Gericht auf der Krim am Dienstag eine zweimonatige Untersuchungshaft an. Das Schicksal der übrigen Soldaten entscheidet sich am Mittwoch.
Russland will indes seine Militärpräsenz auf der Krim verstärken. Die Regierung in Moskau werde ein Flugabwehr-Raketensystem vom neuen Typ S-400 auf die Krim verlegen, meldete die Nachrichtenagentur Interfax unter Berufung auf das Verteidigungsministerium. Laut der Agentur RIA sollen die Waffensystem Ende des Jahres einsatzbereit sein.
Poroschenko warnt vor „großangelegtem Krieg“
Poroschenko warnte am Dienstag in einem TV-Interview vor der Gefahr eines russischen Einmarschs in sein Land. „Die Zahl der Einheiten, die entlang unserer ganzen Grenze stationiert wurden, ist um einiges gestiegen“, sagte er und betonte: „Dem Land droht ein großangelegter Krieg mit der Russischen Föderation.“
Konstantin Kossatschow, Chef des Außenausschusses im russischen Föderationsrat, entgegnete, sein Land habe einen Krieg gegen die Ukraine nie als Perspektive betrachtet. Er nannte Poroschenko aber einen „Präsidenten des Krieges“, wie die Agentur Interfax berichtete.
US-Präsident Donald Trump zog angesichts der Krise in der Region die Absage eines Treffens mit Kremlchef Wladimir Putin beim G20-Gipfel in Buenos Aires am Wochenende in Erwägung. Allerdings erwarte er erst einen Bericht seines Nationalen Sicherheitsteams zur Lage. „Ich mag diese Aggression nicht“, sagte Trump der Washington Post. Der Kreml geht hingegen davon aus, dass das Treffen wie geplant stattfindet.
OSZE soll vermitteln
Die Nato-Staaten forderten Russland im Konflikt mit der Ukraine noch einmal offiziell zu Zurückhaltung auf. „Es gibt keinerlei Rechtfertigung für Russlands Einsatz von militärischer Gewalt gegen ukrainische Schiffe und Marinepersonal“, hieß es in einer am Dienstag verabschiedeten Erklärung des Nordatlantikrates.
Die deutsche Kanzlerin Angela Merkel setzt zur Deeskalation auf eine vermittelnde Rolle der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE). Die unterschiedlichen Darstellungen des Vorfalls vom Wochenende sollten an die OSZE gegeben und dort geprüft werden, sagte sie in Berlin. Die OSZE überwacht auch den Konflikt in der Ostukraine. (APA/Reuters/dpa)