Österreich

25 Jahre Briefbomben-Terror: Anschläge gegen die Mitmenschlichkeit

Die Toten der Sprengfalle von Oberwart (v. l.): Erwin Horvath, Karl Horvath, Josef Simon und Peter Sarközi. Die Bombe explodierte, als sie ein rassistisches Bild entfernen wollten.
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Am 3. Dezember 1993 explodierte die erste Briefbombe aus einer Serie von Sprengsätzen. Vier Menschen starben, etliche wurden verletzt.

Wien — Pfarrer August Janisch ließ sich im Engagement für Flüchtling­e nicht einschüchtern: „Es hat uns noch mutiger gemacht, gezielt auf Menschen zuzugehen", sagte er später einmal. Janisch und die ORF-Moderatorin Silvana Meixner waren vor 25 Jahren, am 3. Dezember 1993, die ersten Opfer einer Bombenserie, welche vier Tote und mehr als ein Dutzend Verletzte forderte. Erst im Oktober 1997 wurde Attentäter Franz Fuchs zufällig in seinem Heimatort Gralla südlich von Graz gefasst. Am 10. März 1999 wurde Fuchs zu lebenslanger Haft verurteilt. Am 26. Februar 2000 erhängte er sich in seiner Zelle.

Janisch, Meixner und eine Mitarbeiterin wurden teils schwer verletzt. Spätestens tags darauf war klar, dass sich eine unheimliche Serie anbahnte: Bomben an den damaligen Caritas-Präsidenten Helmut Schüller, die Grün-Politikerin Madeleine Petrovic sowie einen slowenischen Kulturverein wurden rechtzeitig abgefangen. Nicht so beim Wiener Bürgermeister Helmut Zilk. Dieser löste eine Explosion aus, als er am Abend nach der Rückkehr von einer Auslandsreise in seiner Privatwohnung Post öffnete. Zilk überlebte, die Bombe verstümmelte ihm aber die linke Hand.

Unnachgiebig: Wiens Bürgermeister Helmut Zilk trat bereits eine Woche nach dem Anschlag wieder öffentlich auf.
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Fuchs schickte in fünf Serien bis Dezember 1995 insgesamt 25 Briefbomben. Adressiert waren sie an Personen, die aus ihrem Einsatz für die Mitmenschlichkeit kein Geheimnis gemacht hatten.

Dazu kamen Rohrbomben. Die schlimmsten Folgen hatte eine von ihm Anfang Februar 1995 auf einem Weg in der Näh­e einer Roma-Siedlung in Oberwart platzierte Sprengfalle, die vier Männer in den Tod riss.

Die Bombe explodiert­e, als die Opfer eine Tafel mit der Aufschrift „Rom­a zurück nach Indien" entfernen wollten. Zum Begräbnis kamen mehr als 3000 Trauergäste mit Bundespräsident Thomas Klestil an der Spitze.

Bereits im August 1994 hatte eine in der Nähe einer gemischtsprachigen Schule deponierte Rohrbombe dem Klagenfurter Polizisten Theo Kelz beide Hände abgerissen. Innsbrucker Chirurgen unter Raimund Margreiter transplantierten ihm sechs Jahre später zwei Hände, die für den Beamten noch immer das „weltbeste Ergebnis" darstellen.

Theo Kelz zeigt seine neuen Hände.
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Fuchs, der seine Taten mit seitenlangen Bekennerschreiben einer „Bajuwarischen Befreiungsarmee" begleitete, blieb lange unentdeckt. Im Herbst 1995 ging sogar ein erster Prozess gegen zwei Verdächtige über die Bühne. Sie wurden wegen Wiederbetätigung verurteilt, in Sachen Briefbomben aber freigesprochen.

Am Abend des 1. Oktober 1997 führte dann der Zufall Regie: Zwei Fraue­n fühlten sich durch ein Auto verfolgt. Als Gendarmen den von Fuchs gelenkten Wagen aufhielten, wähnte dieser sich überführt und zündete einen Sprengsatz, dessen Explosion ihm beide Hände abriss.

Bei der Durchsuchung seiner Wohnung stießen die Ermittler auf eine Vielzahl von Hinweisen. Sichergestellt wurden auch Sprengstoff, Pläne und ein­e in einem Blumentopf getarnte Bombe.

Vor Gericht fiel Fuchs mehr durch das Brüllen von Parolen denn Erklärungen auf. Wegen diese­s Verhaltens blieb er selbst bei der Urteilsverkündung ausgeschlossen. Ein Jahr später verübte er Selbstmord. (sabl)

Franz Fuchs 1999 vor Gericht: Vom Prozess war er wegen Brüllens rechtsextremer Parolen weitgehend ausgeschlossen.
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