Nato

Ukraine will Kriegsschiffe im Konflikt mit Russland, Berlin sagt ab

Pedro Proschenko und Wladimir Putin auf einem Archivbild.
© Reuters

„Wir brauchen eine erhöhte Präsenz von Kriegsschiffen als Botschaft der Abschreckung gegen Russland“, so Präsident Poroschenko.

Kiew/Moskau/Brüssel – Im Konflikt mit Russland hat der ukrainische Präsident Petro Poroschenko die NATO aufgerufen, Kriegsschiffe vor die Halbinsel Krim zu entsenden. „Wir brauchen eine erhöhte Präsenz von Kriegsschiffen aus Deutschland und verbündeten Ländern im Schwarzen Meer als Botschaft der Abschreckung gegen Russland“, sagte Poroschenko gegenüber deutschen Medien (Donnerstag). Deutschland lehnte das Ansuchen ab.

Deutschland lehnt Militarisierung des Konflikts ab

Der deutsche Außenminister Heiko Maas erklärte: „Ich habe Verständnis für die Sorgen, die es in der Ukraine gibt“. Die Aktion des russischen Militärs sei unverhältnismäßig gewesen und habe keinerlei rechtliche Grundlage gehabt. „Was wir aber nicht wollen, ist eine Militarisierung dieses Konfliktes, sondern wir wollen einen politischen Prozess.“ Auch Kanzlerin Angela Merkel lehnte am Donnerstag die Forderung ab.

„Es gibt keine militärische Lösung“, sagte sie bei der Eröffnung eines deutsch-ukrainischen Wirtschaftsforums in Berlin. Die Ukraine mahnte sie, „klug zu sein“. Zugleich forderte Merkel aber von Russland eine freie Zufahrt zum Asowschen Meer und zur ukrainischen Stadt Mariupol für die Ukraine. Sie werde das Thema bei dem am Freitag beginnenden G-20-Gipfel in Argentinien mit Russlands Präsidenten Wladimir Putin ansprechen.

Die Außenminister der NATO-Staaten werden bei ihrem Treffen in der kommenden Woche über die Eskalation im Konflikt zwischen der Ukraine und Russland beraten. An dem Treffen am Dienstag und Mittwoch in Brüssel wird auch der ukrainische Außenminister Pawlo Klimkin teilnehmen, wie eine NATO-Sprecherin am Donnerstag mitteilte. Nach Angaben von NATO-Sprecherin Oana Lungescu werden die NATO-Außenminister über Poroschenkos Forderung reden, sie äußerte sich aber zurückhaltend: „Es gibt bereits eine starke Präsenz der NATO im Schwarzen Meer.“

Der Kreml warnt im Falle einer Verlegung von NATO-Marineschiffen vor die Halbinsel Krim vor weiteren Spannungen. Auf die Frage eines Journalisten, wie Russland darauf reagieren würde, sagte Sprecher Dmitri Peskow am Donnerstag in Moskau kurz und knapp: „Negativ“. „Schon die Frage zielt darauf ab, Spannungen weiter zu provozieren und den provokativen Kurs fortzusetzen.“ Hintergrund dieser Anfrage seien innenpolitische Interessen Kiews und die für nächstes Frühjahr geplanten Präsidentenwahlen.

Trump setzt auf Merkel als Vermittlerin

US-Präsident Donald Trump sprach sich dafür aus, dass Merkel in dem Konflikt vermittelt. „Angela, lasst uns Angela einbeziehen!“, sagte er der New York Post. Der US-Präsident sprach sich demnach auch dafür aus, neben Merkel auch Frankreich einzubeziehen - ließ aber offen, was die beiden Regierungen genau tun sollten. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan bot sich unterdessen selbst als Vermittler im Konflikt zwischen Russland und der Ukraine an. „Wir könnten hier eine Vermittlerrolle einnehmen und haben dies mit beiden Seiten besprochen“, sagte Erdogan am Donnerstag vor seiner Abreise zum G-20-Gipfel in Buenos Aires.

Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) betonte am Donnerstag: „Eines muss allen klar sein, es gibt keine militärische Lösung für diesen Konflikt“. Er appellierte an Russland, „die ukrainischen Soldaten wieder freizulassen und die Schiffe an die Ukraine zurückzugeben“. Der Bundeskanzler warnte in einer Stellungnahme gegenüber der APA außerdem „dringend vor einer weiteren Eskalation des Konflikts“. Kurz betonte „die Wichtigkeit der Einhaltung des Völkerrechts, der Aufrechterhaltung der freien Schifffahrt und der Souveränität sowie territorialen Integrität der Ukraine, weshalb wir auch weiterhin die völkerrechtswidrige Annexion der Krim nicht anerkennen“.

Der Kommandant der ukrainischen Marine forderte die Sperrung des Bosporus für russische Schiffe. „In Verbindung damit und gemäß den Normen des Meerengenvertrags werden wir die Türkische Republik um die Schließung des Bosporus bitten“, sagte Admiral Igor Worontschenko am Donnerstag in Kiew. Die Russen sollten spüren, was es heiße, gegen internationales Recht zu verstoßen, sagte er, wie die staatliche Nachrichtenagentur Ukrinform meldete.

Russland hat einem Medienbericht zufolge eine neue Luftabwehreinheit auf die Krim verlegt. Das Bataillon mit dem modernen Boden-Luft-Raketensystem vom Typ S-400 werde in Djankoi im Norden der Halbinsel stationiert, meldet die Nachrichtenagentur Tass unter Berufung auf einen Sprecher der Schwarzmeer-Flotte.

Am Sonntag hatte die russische Küstenwache drei kleine Schiffe der ukrainischen Marine in der Meerenge von Kertsch vor der Krim aufgebracht. Russland wirft Poroschenko eine Provokation mit Blick auf die ukrainische Präsidentenwahl im März vor. Die Ukraine spricht von russischer Aggression und hat das Kriegsrecht verhängt.

Die Ukraine befürchtet, dass Moskau das Asowsche Meer für sich beanspruchen könnte. Beide Länder hatten das flache Binnenmeer 2003 in einem Vertrag zu einem gemeinsam genutzten Territorialgewässer erklärt. Es ist mit 39.000 Quadratkilometern etwas kleiner als die Schweiz und nur durch die Meerenge von Kertsch mit dem Schwarzen Meer verbunden. Die Seegrenze sollte extra festgelegt werden. (APA/dpa/AFP/Reuters)