Seit 80 Jahren der Mann an der Orgel
In Wängle wurde der Dorforganist Arthur Storf für acht Jahrzehnte musikalischer Gestaltung geehrt. In der Christmette 1938 spielte er die Kaisermesse und stimmte dann als Achteinhalbjähriger „Stille Nacht“ an.
Von Alexander Paschinger
Wängle –Eigentlich plagt er sich mit ihr nur herum. Weil sie pneumatisch funktioniert, weil man künstlerisch nicht so viel herausholen könne, weil sie eine Normalstimmung hat, weil man deshalb alle 1600 Pfeifen aufwändig hatte herunterstimmen müssen, damit sie zur Blasmusikkapelle passt. Aber die unter Denkmalschutz in der Wängler Pfarrkirche stehende Mauracher Orgel von 1910 begleitet ihn seit 80 Jahren. Damals, mit achteinhalb Jahren, saß Arthur Storf während der Christmette 1938 zum ersten Mal am Manual und hat zum Schluss des feierlichen Hochamtes „Stille Nacht“ angestimmt. „Das war noch das Leichteste“, schildert er seinen ersten Auftritt – denn auf dem Programm stand die Kaisermesse von Josef Güttler.
Heute sitzt Storf noch immer an der Wängler Kirchenorgel. Und exakt acht Jahrzehnte nach seinem Debüt wird er in der Christnacht nach der Pastoralmesse mit Volk und Chor zum Schluss wieder „Stille Nacht“ intonieren. „Heute erreiche ich wenigstens die Pedale mit den Füßen“, lacht er.
Arthurs Vater war Zitherspieler und Chordirigent. „Wir hatten auch ein altes Klavier im Haus – dadurch habe ich die Noten schon früh gekannt.“ Deshalb sei er zum Klavierunterricht in die Musikschule nach Reutte gekommen. Pater Gregor konnte ihn dort für das Spiel an der „Königin der Instrumente“, der Orgel, begeistern. Schnell wurde aus dem Achteinhalbjährigen der Dorforganist, während des Krieges begleitete er auch die Totenmessen für die vielen Gefallenen des Ortes. Die wurden am Vormittag gehalten, weshalb er dafür auch immer schulfrei bekam.
Doch vom Orgelspiel kann man natürlich nicht leben. Arthur wurde Elektriker mit dem besonderen Hang zu Radio und später Fernseher. „Eine spannende Zeit“, schildert er die Entwicklung der vergangenen Jahrzehnte. Unter anderem baute er selbst einen „Umsetzer“ und empfing damit versuchsweise den ersten deutschen Sendekanal.
Die Musik blieb aber freilich seine große Liebe. Ausgestattet mit dem Talent des absoluten Gehörs stimmte er nicht nur Orgeln und Klaviere, sondern baute sich schließlich auch selbst eine Orgel in sein Haus – mit fünf Registern und 30 Pedalen. Die 280 Pfeifen hat er zum Teil selbst gebastelt, ein Großteil stammte aber aus Prutz – dort wurde die alte mechanische Orgel durch eine elektrische ersetzt – „die Teile waren in einer Tenne zwischengelagert“. Ein Dreivierteljahr konstruierte er sein eigenes Instrument.
Der Reuttener Musikschule blieb er auch als Lehrer treu: Exakt 142 Schülern brachte er während 17 Unterrichtsjahren das Klavierspiel bei. In Wängle erhielt er als Organist über die Jahre keine Konkurrenz: „Nur konzertieren geht nicht – man muss auch Sonntag für Sonntag die Messe spielen.“
Der Wängler Pfarrgemeinde bleibt Arthur Storf weiterhin als Dorforganist erhalten, solange es geht. Denn er weiß – ohne sein Spiel würde auch dem kleinen Kirchenchor ein wichtiger Teil fehlen.