„Die unglaubliche Reise des Fakirs“: Gute Laune im Anhaltelager
„Die unglaubliche Reise des Fakirs“ ist eine Culture-Clash-Komödie, in der die Realität zum Märchen wird.
Innsbruck –Egal ob Regal, Bett oder Schrank, vor der Montage eines Möbels aus Schweden wird empfohlen, den Lieferumfang zu überprüfen. Sind Schrauben, Bretter und Dübel komplett, kann mit dem Bau begonnen werden. Auf ähnliche Weise lassen sich Bücher und Filme herstellen, da auch der Kunde das Gewohnte erwartet.
Nach dem einfachen Montageplan „Wie schreibe ich einen Bestseller nach der Lektüre von Bestsellern?“ veröffentlichte der Franzose Romain Puértolas 2013 den Roman „Die unglaubliche Reise des Fakirs, der in einem Ikea-Schrank feststeckte”, der sofort auf jenen Empfehlungslisten auftauchte, die Liebhaber von aus Fenstern steigenden Rentnern oder Reisenden wie Hector auf der Suche nach dem Glück erstellen. Bei der Kinoadaption durch den Kanadier Ken Scott kam der schwedische Sponsor abhanden, weshalb der Fakir nur noch in einem Wandschrank feststeckt.
Der Ikea-Katalog ist geblieben und für Aja (Bollywood-Star Dhanush) noch immer Reiseführer und Bhagavadgita, wie Inder bekanntlich ihre Bibel nennen. Das Sehnsuchtsziel des Kleinkriminellen aus Mumbai ist Paris, wo er in der lokalen Ikea-Filiale mangels Reisebudget in einem Schrank übernachtet. Nach diesem Schrank verlangt es gegen jede Lieferregel einen englischen Kunden, und Aja landet mit dem Möbeltransport, den afrikanische Flüchtlinge für die illegale Kanalüberquerung nutzen, in einem Anhaltelager. Die Polizisten bringen als „singing policemen“ ihre Abscheu als Musical zum Ausdruck und schieben die Flüchtenden in einen Flieger nach Barcelona. Dort kann sich der zwischen Schicksal und Karma hadernde Inder in einem Luxuskoffer verstecken.
Der Filmstar Nelly Marnay (Bérénice Bejo) ist in seiner römischen Hotelsuite nicht gerade überrascht, einen Inder aus seinem Gepäck steigen zu sehen. Sie legen eine flotte Bollywood-Tanznummer auf das Parkett, als die Arme des Gesetzes schon wieder nach Aja greifen und den vermeintlichen Flüchtling in ein libysches Lager abschieben, wo es ein großes „Hallo!“ mit den Kumpels aus dem Möbelwagen und dem britischen Anhaltelager gibt. Wie von grimmigen Politikern behauptet, ist nichts so schlimm, die Culture-Clash-Komödie wird zum Märchen. (p. a.)