Weltklimakonferenz eröffnet: Worte sollen Taten werden
Ab heute findet in Polen der Weltklimagipfel statt. Ziel ist, die Beschlüsse von Paris umzusetzen. Der jüngste Hitzesommer zeigt die Notwendigkeit von konkreten Plänen.
Wien — Bis 14. Dezember wird in Kattowitz in Polen der UN-Klimagipfel abgehalten. Für die Weltklimakonferenz — oder COP 24, wie diese von Experten abgekürzt wird — kommen die Vertreter von rund 190 Staaten zusammen. Doch was sind die Ziele des Treffens? Hier die wichtigsten Fragen und Antworten im Überblick.
Welche Themen haben sich die Staats- und Regierungsvertreter für den UN-Klimagipfel in Kattowitz vorgenommen?
In Paris hatte die Weltgemeinschaft 2015 vereinbart, die globale Erwärmung bei höchstens zwei Grad — möglichst sogar bei nur 1,5 Grad — zu stoppen. Gemeint ist die mittlere Temperatur im Vergleich zu vorindustriellen Zeiten. Die Ziele erfordern bis 2050 eine Abkehr von Kohle, Öl und Gas sowie weitere Maßnahmen.
Jetzt geht es darum, wie die nationalen Beiträge dazu konkret aussehen und wie Fortschritte bei der Minderung von Emissionen gemessen werden. Auch sollen die Regeln für die Zusammenarbeit der Staaten beim Kampf gegen den Klimawandel verabschiedet werden. Etwa dazu, wie genau die Nationalstaaten über ihre Bemühungen und Fortschritte beim Einsparen von Kohlenstoffdioxid berichten müssen.
Ziel ist es also, in Kattowitz ein „Rulebook" für die Ausgestaltung des Pariser Abkommens zu liefern. Das feste Regelwerk soll für alle beteiligten Staaten gelten.
Der Klimaschutz scheint in der Krise, seit US-Präsident Donald Trump das Pariser Abkommen aufgekündigt hat. Auch Brasiliens rechtsgerichteter Präsident Jair Bolsonaro plant diesen Schritt. Wie reagieren die anderen Staaten?
Die anderen Staaten wollen am Abkommen festhalten. Der jüngste Hitzesommer in Europa hat zudem die Sorge geschürt, dass die Temperaturen noch schneller steigen als befürchtet. Und es wachsen die Zweifel, ob die bisherigen Beschlüsse ausreichen — auch wenn manche Nationen etwa aus wirtschaftlichen Gründen weniger progressive Standpunkte vertreten.
Welche Auswirkungen hat der Sonderbericht des Weltklimarats IPCC, der im Oktober präsentiert wurde?
Der UN-Klimarat IPCC (Intergovernmental Panel on Climate Change) hatte in einem erschreckenden Sonderbericht radikalere Maßnahmen gegen den Klimawandel gefordert. Um den Anstieg der Erderwärmung auf 1,5 Grad zu begrenzen, müsse der Anteil der erneuerbaren Energien bei der Stromerzeugung bis Mitte des Jahrhunderts von derzeit rund 25 auf 70 bis 85 Prozent steigen. Zudem sollte der Kohlendioxid-Ausstoß bis 2030 um rund 45 Prozent vom Niveau im Jahr 2010 gesenkt und bis 2050 unterm Strich auf null gedrückt werden.
Das Gremium stellte aber auch fest, dass das Ziel noch zu erreichen sei — allerdings nur durch ein entschiedenes gesellschaftliches und wirtschaftliches Umsteuern in aller Welt. Auch die EU-Kommission erwartet inzwischen eine CO2-Senkung um rund 45 Prozent. Allerdings will sie dies nicht als offizielles Ziel formulieren. Grund für die stärkere Senkung sind EU-Teilziele bei Energieeffizienz und erneuerbaren Energien, die inzwischen durch Mitgliedstaaten und Europaparlament vereinbart wurden.
Können sich ärmere Entwicklungsländer die Klimaschutzmaßnahmen überhaupt leisten?
Der 2010 initiierte Weltklimafonds ist das zentrale Instrument der internationalen Klimafinanzierung. Er fördert sowohl Minderungs- als auch Anpassungsmaßnahmen in Entwicklungs- und Schwellenländern, etwa den großflächigen Aufbau erneuerbarer Energien. Die Berichterstatterin des EU-Parlaments, Adina-Iona Valean, hatte erklärt, „Paris war ein Erfolg, doch wir müssen noch viel mehr machen". So würden etwa die bisherigen finanziellen Zusagen der Staaten noch weit unter den 100 Mrd. Dollar jährlich liegen, die die Industriestaaten den armen Ländern ab 2020 bis 2025 für den Kampf gegen den Klimawandel zugesagt hätten.
Gibt es auch Lichtblicke?
Die Technik ist vorhanden — allein der politische und gesellschaftliche Wille fehle, sagen Experten. „Erneuerbare Energien drängen Kohle aus Märkten wie Indien und China, was vor fünf Jahren niemand für möglich gehalten hätte", sagt Niklas Höhne von der deutschen Universität Wageningen und nennt Beispiele: „In nur fünf Jahren hat Norwegen Elektroautos zum neuen Standard gemacht, 50 Prozent der Neuanmeldungen sind elektrisch. Die erste Stahlproduktion ohne fossile Brennstoffe hat in Schweden ihren Betrieb aufgenommen."
Und erst kürzlich wurden zwei US-Ökonomen zu Wirtschaftsnobelpreisträgern gekürt, die zu Klimawandel und sauberem Wachstum forschen. Auch das kann der Konferenz in Kattowitz nützen. (APA, AFP, dpa, ritz)
Van der Bellens Initiative als Rückenwind
Wenn sich die EU-Ratspräsidentschaft Österreichs ihrem Ende nähert, wartet noch eine große Aufgabe: Ausgerechnet in Polen, dessen Wirtschaft stark von klimaschädlicher Kohle abhängig ist, soll ein Rulebook für die Ausgestaltung des Pariser Klimaabkommens erstellt werden.
Um „Rückenwind für die Sache" zu erzeugen, startete Bundespräsident Alexander Van der Bellen im Vorfeld der prestigeträchtigen Konferenz eine Initiative: „Es ist notwendig und dringlich, alles zu tun, um die Klimakatastrophe zu stoppen", begründete er diesen Schritt: „Ich bin kein bodenloser Optimist. Ich sage aber, wir müssen es probieren. Und da nützt uns die Depression über Versäumnisse der letzten 30 Jahre gar nichts." 19 europäische Staatsoberhäupter und Regierungschefs haben das vom einstigen Grünen-Chef initiierte Bekenntnis zum Klimaschutz unterzeichnet.
Das Staatsoberhaupt setzt auch innerösterreichisch auf ein breites Bündnis und lud vergangene Woche Umweltministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP) und Wirtschaftskammerpräsident Harald Mahrer zu einem Vorbereitungsgespräch in die Hofburg. Das Treffen war „keine Alltäglichkeit", hieß es aus dem Kabinett der Ministerin. Denn Österreich trage als EU-Vorsitzland besondere Verantwortung, koordiniert Umweltministerin Köstinger doch die EU-Position für die Verhandlungen. Van der Bellen sicherte ihr seine „volle Unterstützung" zu. Und auch Köstinger sieht einen „Scheideweg beim Klimaschutz".
Bundespräsident Van der Bellen nimmt heute an der offiziellen Eröffnungszeremonie des Klimagipfels teil, seine Rede hält er am Nachmittag. Im Anschluss stehen bilaterale Gespräche mit anderen Staatschefs auf dem Programm. Morgen eröffnet er dann den Stand der österreichischen Außenwirtschaft auf der Klimakonferenz. Bei der Leistungsschau werden Projekte österreichischer Unternehmen präsentiert, die in Sachen Klimaschutztechnologie vorbildlich sind. Insgesamt 43 österreichische Unternehmen zeigen Technologien und Best-Practice-Modelle zu Klimaschutz, Energie und Umwelt. (ritz)