Zauber der Zerbrechlichkeit in der Bäckerei Innsbruck
Der Künstler Thomas Medicus präsentiert seine Einzelausstellung in der Bäckerei.
Von Gerlinde Tamerl
Innsbruck –Es ist relativ dunkel im Ausstellungsraum der Bäckerei, und das ist gut so. Die andächtige Atmosphäre passt zur kreisrunden, farbenprächtigen Glasinstallation, die mitten im Raum schwebt und mit ihrem sakralen Charakter an ein Kirchenfenster erinnert. Das Werk mit dem Titel „Intercella“, das eine menschliche Zelle darstellt, wurde von dem 1988 geborenen Tiroler Künstler Thomas Medicus geschaffen. Der 30-Jährige präsentiert derzeit in der Bäckerei seine Einzelausstellung, bei der neben Installationen auch Zeichnungen zu sehen sind.
Der Titel dieser Schau lautet „eSxCpIerEieNnCcEe“. Das Wort ergibt keinen Sinn, doch die Unleserlichkeit ist beabsichtigt. Erst beim zweiten Blick offenbart sich, dass hier zwei Begriffe ineinander verschränkt werden, nämlich das in Kleinbuchstaben geschriebene Wort „experience“ (Erfahrung) und das in Großbuchstaben dargestellte Wort „SCIENCE“ (Wissenschaft). Medicus’ künstlerisches Schaffen pendelt zwischen diesen beiden Polen. Erfahrungen entstehen durch subjektiv Erlebtes, die Wissenschaft hingegen arbeitet an einer objektiven Beweisführung. Beide Ansätze vereint der Künstler in seinen Arbeiten.
Medicus, der wirklich so heißt, geht systematisch an seine Kunstwerke heran. Am Beginn steht seine Idee, die er künstlerisch konsequent umsetzt. Im Werk „Intercella“ etwa befasst er sich mit dem Aufbau der menschlichen Zelle und stellt diese wie ein buntes Kirchenfenster dar. Sein zeichnerisches Werk beinhaltet oft persönliche Reflexionen. Gegenüber der TT sagt Medicus: „Ich wusste lange nicht, wie ich meinen naturwissenschaftlichen Ansatz mit meiner Kunst vereinen kann.“
Diese Suchbewegung scheint bei Medicus programmatisch zu sein, denn er vereint in seinen Arbeiten wiederholt Gegensätze. In seinen Zeichnungen, etwa der Serie „translate this!“, verbindet er geometrische Formen mit abstrakten Linien. In seinen Installationen findet sich Gegenständliches ebenso wie Fragmentarisches. Ein Beispiel dafür ist das Werk „Head Inspector“, ein sich drehender Glaskubus, in dem einerseits ein menschliches Gesicht und andererseits zerbrochene Glasstücke zu sehen sind. Thomas Medicus’ Leidenschaft für das Material Glas rührt u. a. auch daher, dass er die Glasfachschule in Kramsach absolviert hat. Er sagt: „Glas ist für mich ein faszinierender Werkstoff, weil er transparent ist und sehr stark mit Licht korrespondiert.“
Medicus ist ein Experte, wenn es darum geht, Fragmente wieder in ein Ganzes zusammenzufügen. Er arbeitet auch als Glasmeister in der Glasmalerei. Vor Kurzem restaurierte er die bleiverglasten Fenster der Silbernen Kapelle in der Hofkirche, und so pendelt Medicus nicht nur zwischen Gegenständlichem und Abstraktem, sondern auch zwischen Vergangenem und Gegenwärtigem.
Thomas Medicus: „eSxCpIerEieNnCcEe“
Die Bäckerei — Kulturbackstube, Dreiheiligenstraße 21a, Innsbruck.
Die Ausstellung läuft bis 12. Jänner 2019.
Alle Infos auf: www.diebaeckerei.at