Europol

Milliarden-Umsatz: Drogen-Banden bedrohen Europa

Im Juli 2017 stellte die Polizei in Hamburg 3,8 Tonnen Kokain im Wert von 800 Millionen Euro sicher. Nach Schätzungen verdienen Drogenbanden in Europa 24 Milliarden Euro im Jahr.
© AFP/dpa/Christian Charisius

„Es ist der größte kriminelle Markt in Europa“: Organisierte Banden verdienen mit Drogen jährlich ein Vermögen und werden immer gefährlicher. Europol will den Kampf nun verstärken.

Den Haag – Die organisierte Drogenkriminalität stellt nach einer Analyse von Europol eine wachsende Bedrohung für Europa dar. Produktion, Angebot und Handel würden immer mehr zunehmen, sagte der stellvertretende Direktor von Europol, Wil van Gemert, im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur in Den Haag. „Es ist der größte kriminelle Markt in Europa.“ Eine internationale Expertenkonferenz wird sich ab Donnerstag bei Europol in Den Haag mit der Drogenkriminalität befassen und über neue Strategien und Zusammenarbeit bei den Ermittlungen beraten.

Von rund 5000 organisierten Verbrecherbanden in Europa ist nach Analyse von Europol rund ein Drittel im Drogengeschäft aktiv. Nach konservativen Schätzungen verdienen sie 24 Milliarden Euro im Jahr. „Wie gehen aber davon aus, dass es tatsächlich ein Vielfaches dieser Summe ist.“ Van Gemert leitet die Europol-Abteilung zum organisierten Verbrechen, Terrorismus und Cyber-Verbrechen. Nach einer Studie aus 2018 wird allein in den Niederlanden mit der Produktion und dem Handel von synthetischen Drogen knapp 19 Milliarden Euro im Jahr verdient.

Etwa 9000 Drogentote pro Jahr in Europa

Die Experten stellten in allen Bereichen der Drogenkriminalität eine Zunahme fest. So stiegen der Heroin-Anbau in Afghanistan und die Kokain-Produktion in Kolumbinen jährlich um 30 bis 40 Prozent. Auch die Produktion der synthetischen Drogen nehme stark zu.

Der stellvertretende Europol-Chef warnte vor einer Bagatellisierung von Drogen. „Hier geht es nicht um eine Pille, die man mal auf einer Party schluckt“, warnte der Niederländer. „Jedes Jahr gibt es in Europa etwa 9000 Drogentote.“

Die „zerstörerischen Folgen“ zeigten sich immer mehr auch im alltäglichen Leben vieler Bürger: Bürgermeister würden unter Druck gesetzt, kommunale Verwaltungen untergraben. Gefährlicher chemischer Abfall werde in Wohn- oder Naturgebieten entsorgt. Es gebe mehr offene Schießereien.

Kooperation mit Banken

Der Kampf gegen die Drogen war wegen der Terror-Gefahr und der Bekämpfung des Menschenhandels in den vergangenen Jahren in den Hintergrund geraten. Europol plädiert nun für eine Intensivierung der Ermittlungen. Dabei gehe es nicht nur um mehr Geld, sagte der Europol-Direktor.

Die Zusammenarbeit auch mit der Privatwirtschaft müsse intensiviert werden. So hoffen die Ermittler, durch eine Kooperation mit Banken bei der Fahndung nach den Gewinnen die Drahtzieher der Netzwerke aufzuspüren. Bislang war das Abschöpfen der Vermögen noch wenig erfolgreich. Von den rund 110 Milliarden Euro, die Kriminelle in Europa schätzungsweise im Jahr verdienen, konnten bisher nur etwa ein Prozent im Jahr beschlagnahmt werden. (dpa)

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